Exoskelette

Reha-Center gibt Gelähmten neue Hoffnung

Der robotergestützten Physiotherapie gehört die Zukunft, sind die Ärzte Alexey Grinchenko und Lev Bugreev überzeugt. In ihrem Berliner Rehazentrum warten sie mit hochwertigen Exoskeletten auf. Ihr Angebot richtet sich auch an die lukrative Zielgruppe der Medizintouristen.

Julia FrischVon Julia Frisch Veröffentlicht:
Der querschnittgelähmte Patient Darius trainiert im Berliner Walk Again Center mit einem Exoskelett, dem Lokomaten.

Der querschnittgelähmte Patient Darius trainiert im Berliner Walk Again Center mit einem Exoskelett, dem Lokomaten.

© Julia Frisch

BERLIN. Zentraler geht es kaum: Im schicken "Quartier", einem Geschäfts- und Einkaufskomplex an der Berliner Friedrichstraße, haben Alexey Grinchenko und Lev Bugreev ihr Rehabilitationszentrum namens "Walk Again Center" eingemietet. Der Standort war kein Zufall. Im gleichen Gebäude befindet sich auch die private Meoclinic, die unter anderem über eine neurologische Abteilung verfügt und mit deren Ärzten das "Walk Again Center" kooperiert.

Das passte natürlich ganz gut, wie Geschäftsführer Lev Bugreev erzählt. Von der direkten Nachbarschaft zu der Privatklinik erhofften sich er und sein Kompagnon Grinchenko, der Ärztlicher Direktor des Unternehmens ist, Zulauf von Patienten.

Break-even in weniger als zwei Jahren

Die Rechnung ging auf: Gut anderthalb Jahre nach Gründung hat das Walk Again Center laut Bugreev dem Businessplan entsprechend den Break-even – die Gewinnschwelle – schon erreicht, auch dank der Patientenstruktur, die zu etwa 60 Prozent deutsche privat Krankenversicherte und zu 40 Prozent "Kunden" aus dem Ausland – also Medizintouristen – umfasst. Patienten unter anderem aus Skandinavien, Russland und der arabischen Region absolvieren in Berlin ihre Reha. Demnächst wird es auch Besuch aus Peru geben.

Die Ausrichtung auf Medizintouristen ist bei Lev Bugreev und Alexey Grinchenko nicht verwunderlich: Beide stammen aus Russland. Bugreev studierte dort Medizin, Grinchenko in Berlin an der Charité. Zusammen arbeiteten sie vor Gründung ihres Walk Again Centers 2015 in einem Unternehmen des Medizintourismussektors, wo sie für Patienten aus dem Ausland – vorwiegend aus Russland – medizinische Behandlungen in Deutschland arrangierten.

Die Idee, ein Rehazentrum mit robotergestützten Therapieverfahren für Patienten mit neurologischen Erkrankungen zu errichten, kam Grinchenko und Bugreev 2013 auf einer Messe, als sie das in Japan entwickelte Exoskelett HAL (Hybrid Assistive Limb) entdeckten. Ein Jahr brauchten sie, Kontakt zum Hersteller Cyberdyne aufzunehmen und eine Zusammenarbeit zu vereinbaren. Drei HAL-Geräte unterschiedlicher Größen, die ausschließlich bei querschnittsgelähmten Patienten mit Restfunktionen zum Einsatz kommen, sind in dem Walk Again Center inzwischen im Einsatz. Seit September 2016 komplettiert ein weiteres Exoskelett, ein Lokomat, die Ausstattung. "Wir sind die einzige ambulante Einrichtung in Deutschland mit einem HAL", sagt Grichenko. Und weltweit, heißt es auf der Website, biete man als erstes Rehazentrum Gangtherapie sowohl mit dem Lokomaten als auch mit dem HAL Robot Suit an.

Verhandlungen mit Krankenkassen

Das Vivantes-Klinikum in Spandau verfüge zwar auch über einen Lokomaten. "Bei uns können aber auch Kinder mit dem Gerät trainieren, da wir die entsprechenden Orthesen haben", erzählt Bugreev. Überhaupt will das Rehazentrum Kinder künftig mehr in den Fokus nehmen. Das liegt Bugreev, Vater zweier Kinder, besonders am Herzen. Die robotergestützten Therapieverfahren seien schon bei Jungen und Mädchen, die etwa an einer Zerebralparese leiden, ab zweieinhalb Jahren einsetzbar. Mit gesetzlichen Krankenkassen plant das Center deshalb Verhandlungen. Langfristig wollen Bugreev und Grinchenko auch den Anteil der GKV-Patienten in ihrem Center erhöhen.

Seit zwei Monaten trainiert der querschnittgelähmte Darius P. in der Friedrichstraße mit dem Lokomaten. Die Erfolge sind für den 25-Jährigen schon spürbar. "Die Spastiken in den Beinen sind weniger geworden, der Kreislauf ist stabiler und die Muskelkraft hat sich verbessert", erzählt Darius. Das Konzept des Rehazentrums hat auch die Mittelständische Beteiligungsgesellschaft Berlin-Brandenburg überzeugt: Sie fördert es über eine stille Beteiligung und stärkt damit dessen Eigenkapitalausstattung. (Mitarbeit: maw)

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