Netze

Trend zu Add-on-Verträgen

Die "Ärzte Zeitung" hat in den KVen nachgefragt, wie sie die Ärztenetze fördern wollen. Konkrete Aussagen gibt es nicht viele. Einiges deutet aber auf Add-on-Verträge hin.

Rebekka HöhlVon Rebekka Höhl Veröffentlicht:
Sehr viel Geld steckt nicht in den Fördertöpfen der KVen. Aber andere Geldquellen wären zu erschließen.

Sehr viel Geld steckt nicht in den Fördertöpfen der KVen. Aber andere Geldquellen wären zu erschließen.

© nucro/fotolia.com

NEU-ISENBURG. Die neue Netzförderung nach Paragraf 87 b Absatz 2 SGB V hat einen großen Pferdefuß: Das Geld für den Zuschuss wird von den Kassen nicht als zusätzliches Budget bereitgestellt - es müsste also aus der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV) kommen.

Gerade dieser Punkt wird in den KVen kritisch gesehen, wie eine Umfrage der "Ärzte Zeitung" unter den Standesvertretungen zeigt.

Insbesondere die KV im Saarland sagt sehr deutlich, dass es sachgerechter wäre, wenn der Zuschuss "durch die Krankenkassen als eine zusätzliche Vergütung außerhalb der MGV" finanziert würde.

Doch wie lösen die KVen nun das Problem? Insgesamt elf Standesvertretungen haben sich gegenüber der "Ärzte Zeitung" geäußert.

Demnach wollen die meisten KVen erst einmal die Rahmenvorgaben von KBV und Kassen innerhalb ihrer Organisation diskutieren. Es zeigt sich aber bereits jetzt eine klare Tendenz - und die geht in Richtung Add-on-Verträge.

Diesen Trend belegt auch eine Umfrage der Agentur deutscher Arztnetze (ADA), deren Ergebnisse bereits Anfang des Jahres publik gemacht wurden. Danach konnten sich sechs KVen, nämlich die KV Bayerns, Brandenburg, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein Verhandlungen über Add-on-Verträge vorstellen.

Viele KVen halten sich bedeckt

In der Umfrage der "Ärzte Zeitung" zeigten sich ebenfalls die KV Bayerns sowie die KV Mecklenburg-Vorpommern, Hessen und Westfalen-Lippe aufgeschlossen gegenüber Add-on-Verträgen.

In Hamburg, Nordrhein und dem Saarland wollte man zunächst den genauen Wortlaut der Rahmenvorgabe abwarten und daran die Förderung der Netze ausrichten.

Ebenfalls noch offen war zum Zeitpunkt der Umfrage die Netzförderung nach Paragraf 87 b SGB V in Brandenburg. Die KV kennt sich allerdings bereits in Sachen Netzarbeit aus - nicht nur durch das große Versorgernetz in Südbrandenburg (ANSB).

In Schleswig-Holstein und Berlin gibt es ein klares Ja zur Netzförderung, aber in beiden KVen war die Ausgestaltung noch nicht abschließend festgelegt. Einen außergewöhnlichen Weg in der Netzförderung geht die KV Niedersachsen.

Dort hat die Vertreterversammlung beschlossen, für die Förderung eine Million Euro bereitzustellen - und dies aus Haushaltsmitteln. Damit gibt es ein festes Förderbudget, das eben nicht aus der morbiditätsorientierten Gesamtvergütung (MGV) kommt.

Dass es sich bei den Add-on-Verträgen nur um eine Schmalspurförderung handelt, müssen die Netze jedoch nicht befürchten. Die eine oder andere KV bringt durchaus einiges an Erfahrung mit solchen Verträgen mit.

So etwa die KV Mecklenburg-Vorpommern (KVMV): Wie die KV berichtet, gibt es in ihrem Gebiet bereits eine Reihe von Sonderverträgen mit den Kassen auf ganz unterschiedlicher Basis.

Die KV sei hier neben den Netzen zum Teil auch dritter Partner oder zumindest Partner von Rahmenvereinbarungen oder die abrechnende Institution.

Vorteilhaft für Netze kann dabei vor allem das Know-how der KVen in Sachen Vertragsverhandlungen mit den Kassen sein. Zudem verfügen die KVen über eine Reihe von spannenden Strukturdaten, in die sie zum Teil Einblick gewähren wollen.

In Westfalen-Lippe will die KV im Rahmen der Netzförderung die Kooperationen etwa mit Morbiditäts- und Arzneimitteltherapieanalyen sowie Bevölkerungsprognosen unterstützen. Zwar verlangt auch die Rahmenvorgabe für die Netzförderung von den KVen, dass sie den Netzen gewisse Strukturdaten liefern - an diese Daten kommen aber nur Netze, die eben auch förderfähig im Sinne der Rahmenvorgabe sind.

Das heißt, Netze in der Gründungsphase wären außen vor, weil laut Rahmenvorgabe nur Netze mit einer Bestandszeit von mindestens drei Jahren förderfähig sind.

Öffentliche Gelder im Visier

Das Gros der KVen, auch das zeigt die Umfrage der "Ärzte Zeitung", sieht sich aber auch als Partner für neu entstehende Netze. KVen sind hier durchaus bereit, mit Daten und Know-how den Netzen unter die Arme zu greifen.

Sicherlich auch aus einem gewissen Eigenzweck: Die KVen wollen sich zum einen nicht bei neu entstehenden Versorgungsnetzwerken abhängen lassen und auch als abrechende Institution mit im Boot sein.

Zum anderen müssen sie dafür Sorge tragen, dass die ambulante Versorgung in ihrer Region läuft. Da ist es kein Wunder, dass man wie in Mecklenburg-Vorpommern auch schon bei der Projektentwicklung die Netze unterstützt.

Die KV Westfalen-Lippe (KVWL) sieht zudem nicht nur die Kassen als möglichen Vertragspartner und Geldgeber für Netze. Sie begleitet Netze auch in den Verhandlungen mit politischen Entscheidungsträgern sowie dem Landesgesundheitszentrum.

Mit dem Ziel, auch an öffentliche Fördergelder zu gelangen. Denn von einer guten medizinischen Versorgung profitieren nicht nur die Kassen, sondern es profitiert die ganze Region.

Eigene Netzbudgets plant übrigens keine der KVen - eben mit Ausnahme Niedersachsens. Die Rahmenvorgabe von KBV und Kassen lässt den KVen auch offen, ob sie solche Budgets bereitstellen. Genauso wie im Paragrafen 87 b Absatz 2 SGB V dazu nur eine Kann-Option steckt.

Dass die Netze selbst eine Förderung aus der MGV auch gar nicht wollen, zeigte sich auf einem Workshop der ADA bereits im Februar in Berlin.

Damals sagte Dr. Veit Wambach, Vorsitzender der ADA, sehr deutlich: "Die Vorstellung, dass anderen Kollegen etwas weggenommen wird, kann nicht im Sinne der Netze sein."

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