Für alle Fälle: Blankoformulare

Die Formularfummelei am Drucker hat für drei Hausärzte in Niedersachsen ein glückliches Ende gefunden. Sie wickeln fast das gesamte Formularwesen über Blankovordrucke ab und sparen dabei ordentlich Zeit und Geld.

Christian BenekerVon Christian Beneker Veröffentlicht:

Blankofomularausdrucke ersparen einen großen Teil des Papierkrieges in der Praxis. Die Hausärzte Martin Scholten, Dr. Hermann Müller-Weinhardt und ihre Kollegin Julia Blank haben in ihrer Gemeinschaftspraxis im niedersächsischen Scheeßel vor zwei Jahren der Formularfummelei am Drucker den Garaus gemacht.

Das Prinzip der Blankoformularbedruckung (BFB): Anstelle der über 50 verschiedenen Formulare - von der orthopädischen Hilfsmittelverordnung bis zur Transportbescheinigung für Krankenhauseinweisungen - wird einfach nur noch ein spezielles Wasserzeichen-Papier bei der zuständigen KV bestellt und in den Drucker gelegt. Auf Knopfdruck spuckt der Drucker dann das entsprechend angeforderte und voll ausgefüllte Formular aus, das zuvor am Bildschirm ausgefüllt wurde.

Kassenrezepte gibt es nicht als Blankoformular

Nur Rezepte nach Muster 16 und BTM-Rezepte können nicht per BFB ausgedruckt werden. "Wir haben das System vor zwei Jahren eingeführt und haben gute Erfahrungen gemacht", erklärt Martin Scholten im Gespräch mit ArztOnline. Alle eingestellten Formulare lassen sich von jeder der sechs Arbeitsstationen aus jetzt mit einem Knopfdruck an Drucker oder den zentralen Druckerspeicher senden. Das Zeit raubende Einlegen und Zurechtrücken der verschiedenen Formulare entfällt. "Eine enorme Zeitersparnis", sagt Scholten. Auch der Ärger mit schief eingedruckten Daten entfällt.

Selbst wenn demnächst die Anforderungsblätter für das Labor elektronisch ausgefüllt werden müssten, "ist das für uns kein Problem", sagt Scholtens Kollege Hermann Müller-Weinhardt, "wir füllen sowieso am Bildschirm aus. Ob wir das Ergebnis dann mailen oder ausdrucken, macht für uns keinen Unterschied."

Im Jahr 2003 haben die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Krankenkassen in ihrer Vordruckvereinbarung den BFB ermöglicht. Die Kassen bestanden damals auf besonderem Papier, so Wilhelm Wilharm, E-Health-Berater bei der KV Niedersachsen, "das Papier ist wegen des Wasserzeichens drei Mal so teuer wie normales Papier. Allerdings zahlen es die Kassen." Außerdem verfügt das Papier über einen Barcode, in dem die Daten gespeichert sind, die auch auf dem fertig ausgedruckten Formular zu lesen sind. So können Fälschungen erkannt werden.

Labors können Formulare mit Lesegerät schnell bearbeiten

Da der Barcode die verschlüsselte Kurzform des jeweiligen Ausdrucks ist, können etwa große Labors mit einem entsprechenden Lesegerät die Formulare viele schneller einlesen als auf die herkömmliche Weise. Wie viele Kolleginnen und Kollegen das Angebot der Blankoformularausdrucks in Niedersachsen nutzen, weiß Wilharm nicht. Im KV-Bereich Nordrhein "sind es rund zehn Prozent der Praxen", wie Gilbert Mohr von der KV Nordrhein sagt. Bevor allerdings Frieden herrscht im Formular-Papierkrieg sind ein paar Hürden zu nehmen.

  • Der Antrag: Den Antrag erhält man per Internet auf der Homepage der zuständigen KV. Dabei geht es vor allem darum, ob die verwendete Praxissoftware von der KBV zertifiziert ist. "Wir genehmigen in der Regel zunächst nur unter Vorbehalt", erklärt Wilharm, "denn zunächst müssen die ersten Vordrucke an die Kassen gehen. Wenn alles klappt, wird die vollständige Genehmigung ausgesprochen."

Vor allem müssen die Ausrucke für die EDV der Krankenkassen einwandfrei lesbar sein. Mit der Genehmigung gab es keine Probleme, wie auch die Hausarztpraxis in Scheeßel bestätigt. In Niedersachsen wurde überhaupt noch nie ein Antrag von der KV widerrufen, sagt Wilharm. Bei der KV Nordrhein muss der Arzt zunächst zwei Muster bei der KV zur Prüfung einreichen. Sind sie in Ordnung, wird die uneingeschränkte Genehmigung erteilt.

  • Die Software: Inzwischen hat die KBV viele Software-Lösungen für die Blankoformularbuchhaltung zertifiziert: TurboMed, MEDISTAR, DocExpert, MCS, DocConcept oder Quincy Win - allein die genannten decken 80 Prozent des Marktes ab, schätzt Mohr. In Scheeßel mussten die Ärzte allerdings ein Wochenende lang an der Praxissoftware herumprobieren, bis das System lief. "Man braucht anfangs Zeit und Geduld", so Scholten. Die Umstellung sei insgesamt aber problemlos verlaufen. Und die Zeitersparnis im Praxisalltag mache die Installationszeit schnell wieder wett.
  • Der Drucker: Nur Laserdrucker sind zugelassen. Wegen der verschiedenen Formate müssen entweder verschiedene Drucker angeschlossen werden (wie in Scheeßel) oder ein zentraler Drucker mit verschiedenen Schächten, aus denen sich der Drucker die unterschiedlichen Formate zieht. DIN A 4 und DIN A 5 plus ein Schacht für Normalpapier, das - so der Wille der Kassen - etwa für Arztbriefe genutzt werden soll. Für die Rezeptvordrucke kann ein weiterer, abschließbarer Schacht angebaut werden.
  • Die Kosten: Für neue Drucker haben die Kollegen in Scheeßel rund 400 Euro pro Gerät bezahlt. Wilharm gibt zu bedenken, dass wesentlich mehr Druckerkartuschen verbraucht werden. Eine Vorratshaltung mit Reservekartuschen empfiehlt sich unbedingt, denn ist die Kartusche des Vierschachtdrucker leer und kein Ersatz in Sicht, stehen in der Praxis alle Räder still.

Bei Druckern mit mehreren Schächten streiken auch häufiger mal die empfindlichen Transportbänder, die dann repariert werden müssen, berichtet Wilharm.

Die Arbeitsersparnis wiegt die Anstrengungen und die Kosten auf, berichtet Müller-Weinhardt: "Was ich heute mit einem Knopfdruck erledige, brauchte früher viel länger. Die finanzielle Ersparnis allerdings könne er nicht beziffern, so der Hausarzt. "Auch wenn die Nadeldrucker die Formulare automatisch einzogen, es ging immer irgendetwas schief", sagt Müller-Weinhardt, "wir sparen jetzt jedenfalls richtig Zeit und brauchen auch keine Vorratshaltung für die verschiedenen Formulare mehr aufrecht zu erhalten."

Lärmbelästigung ist deutlich zurückgegangen

Die Laserdrucker hatten für alle in der Praxis einen angenehmen Nebeneffekt: Der Lärm des Nadeldruckers, der im Übrigen inzwischen enorm teuer ist, gehört endlich der Vergangenheit an. Müller-Weinhardt: "Bei uns ist Ruhe in der Burg."

ABGESPEICHERT

Blankoformulardruck

Beim Blankoformulardruck wird nicht nur der Formularinhalt gedruckt, wie bei den Nadeldruckern üblich, sondern der Drucker bringt auch den Vordruck aufs Papier. Der Durchschlag ist einfach ein zweites Exemplar. Wer dieses Verfahren nutzt, spart sich die Vorratshaltung der Vordrucke. Die Praxis-EDV muss für den Blankoformulardruck von der KBV zertifiziert sein.

Liste der zugelassenen Systeme: www.kbv.de/ita/register_N.html

 

DIE PRAXIS IN KÜRZE

Die Hausärzte-Gemeinschaftspraxis in Scheeßel

Die Chefs und das Team: Die Hausärzte Dr. Hermann Müller-Weinhardt, Julia Blank und Martin Scholten betreiben eine Gemeinschaftspraxis. Sechs Medizinische Fachangestellte, drei davon in Vollzeit, zwei in Teilzeit, und drei Auszubildende sind in der Praxis angestellt.

Die Computer-Anlage: Eigener Server mit Gigabit-Netz; drei Doppelschacht-Laserdrucker, die mit den sechs Praxis-PC über ein Intranet verbunden sind. Alle PC sind internetfähig. Außerdem ein isolierter PC für Langzeit EKG-Messungen und Langzeit-Blutdruckmessungen. Fax- und Telefonsoftware "Tobit" und "David". Die Software erklärt mit Textbausteinen dem Anrufer, zum Beispiel wer wann am Wochenende Dienst hat; die Daten wurden zuvor in eine Maske eingegeben. Bestimmte Anrufer können auf bestimmte Apparate automatisch durchgestellt werden, andere Anrufer hingegen können auch gesperrt werden. Außerdem organisiert die Software den Faxverkehr und die Schnittstelle PC / Fax.

Die Arztsoftware: Turbomed

Weiteres Zubehör: Farblaserdrucker für Patienteninfos. Flyer werden mit Standard-Layout hergestellt, "um mit den schnellen Sinneswandeln in der Gesundheitspolitik Schritt zu halten" (Müller-Weinhardt). Außerdem eine Faltmaschine "um vernünftige Ergebnisse zu bekommen".

Internet: www.hapsch.de (steht für "Hausarztpraxis in der Schulstraße")

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