Rösler verteidigt auf der CeBIT die E-Card und verbreitet Optimismus

Viele gute Worte über die E-Card findet Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler bei der Eröffnung der TeleHealth auf der CeBIT in Hannover. Einen genauen Fahrplan für die Zukunft der Gesundheitskarte hat aber auch er nicht im Gepäck.

Hauke GerlofVon Hauke Gerlof Veröffentlicht:

Ist das jetzt die Wende im großen Projekt zur Einführung der elektronischen Gesundheitskarte (eGK)? Oder ist die Computermesse CeBIT mit der angeschlossenen TeleHealth wieder nur der Schauplatz einer Inszenierung, um Aktivitäten bei der Karteneinführung nachzuweisen, die dann sofort wieder verpuffen?

Schwer zu sagen. Kartengegner sind jedenfalls nicht anwesend, als Gesundheitsminister Dr. Philipp Rösler als Schirmherr der TeleHealth verkündet, die Ausgabe der eGK solle weitergehen, und die Selbstverwaltung solle sich "schnellstmöglich" einigen, dann könnten die zunächst geplanten Funktionen der Karte umgesetzt werden, "zum Wohle der Patienten", wie der Minister betont. Das Moratorium, das die Bundesregierung ausgesprochen habe, gelte nur für die elektronische Patientenakte, die über die Karte zugänglich sei. Folgende Funktionen sollen zunächst, wie kurz berichtet, realisiert werden:

  • ein Online-Abgleich der Stammdaten der Versicherten, um den Kartenmissbrauch zu erschweren,
  • ein Notfalldatensatz,
  • eine sichere Arzt-Arzt-Kommunikation über Arztbriefe.
  • Weitere Funktionen wie das elektronische Rezept könnten später modular zugelassen werden, sobald sie weit genug entwickelt seien.

Sehr überraschend kommt das Statement aus der Bundesregierung bei der CeBIT nicht. Denn immer wieder hat Rösler, hat auch seine Umgebung betont, das Projekt solle weitergehen, schon im Herbst 2009.Doch viel passiert ist seit dem Antritt der neuen Regierung nicht, es sind noch nicht viele Karten in der Startregion Nordrhein ausgegeben worden. Und immer wieder ist das Moratorium der Regierung als Grund für das schleppende Vorgehen angeführt worden.Die Bedeutung, die die Regierung dem Thema beimisst, zeigt sich auch daran, dass zwei Bundesminister zur TeleHealth-Eröffnung gekommen sind, Rösler und Wirtschaftsminister Rainer Brüderle. Bei der Diskussion zur Eröffnungsveranstaltung der TeleHealth in Hannover bekommt der Gesundheitsminister jedenfalls nur Unterstützung, zumal Rösler betont, dass für ihn die Datensicherheit ganz oben anstehe. Gerade im Vergleich zum Status quo bringe die Karte mehr Sicherheit. "Heute werden Arztbriefe teilweise gefaxt, dabei ist das datenschutzrechtlich gar nicht zulässig."

Auch der Telematikbeauftragte der Bundesärztekammer Dr. Franz-Josef Bartmann gibt sich bei der Diskussion optimistisch: Nach dem "Moment des Innehaltens" gebe es die Chance, die Probleme zu beheben, sagt er. In der Diskussion um die eGK sei manches schief gelaufen, "die Risiken wurden aufgebauscht", so der Kammerpräsident aus Schleswig-Holstein. "Es springt kein Teufelchen raus, wenn man die Karte in den Schlitz schiebt", stellt Bartmann fest - er glaubt, dass eine Nutzung der Karte mit einigen funktionierenden Anwendungen Ärzten einen anderen Zugang zu dem Projekt bringen würde.

Auch Wirtschaftsminister Brüderle will seinen Part zu einer erfolgreichen Vernetzung beitragen, indem er sich für den Ausbau der Infrastruktur einsetzt: "Bis 2014 wollen wir es schaffen, dass 75 Prozent der Bundesbürger einen 50-Megabit-Zugang zum Internet haben. Für solche Datenautobahnen seien noch hohe Investitionen erforderlich.

Der Vorsitzende des Anbieterverbandes BITKOM drängt bei der Karte zur Eile: "Wir haben genug über die eGK diskutiert, jetzt brauchen wir einen klaren Zeitplan." Viele Unternehmen seien in Vorleistung getreten, einige seien durch die Verzögerungen sogar in die Insolvenz gegangen. Die Bevölkerung stehe dem Projekt insgesamt positiv gegenüber, die Datensicherheit sei im Vergleich zum Zustand heute um "ein Vielfaches besser", deswegen könne es "sofort" losgehen. Doch den klaren Zeitplan bekommt BITKOM-Präsident Professor August-Wilhelm Scheer an diesem Tag noch nicht von Rösler serviert. Zunächst muss die Selbstverwaltung darüber verhandeln, welche Anreize Ärzten gegeben werden sollen, die die Karte nutzen. Eine Vereinbarung dazu hat es bisher nur in Nordrhein gegeben. Ärztevertreter Bartmann verweist auf die "vielen sinnvollen Insellösungen", die über die Karte zusammengeführt und mehr Anwendern zugänglich gemacht werden könnten. Diese Vernetzungsprojekte könnten einmal "die Autos sein, die über die Telematik-Autobahn fahren können. Die Karte ist letztlich dafür nur ein Hilfsmittel, wenn auch ein wichtiges", so Bartmann. Akzeptanz komme letztlich erst durch Nutzen der Karte. "Nur so können die Bedenken der Ärzte ausgeräumt werden."

Online-Anschluss für die Gesundheitskarte

Bei der TeleHealth-Eröffnung hat Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler auch von einer Einigung der Leistungserbringer auf eine Online-Nutzung der Karte berichtet. Damit können die Stammdaten der Versicherten bei den Krankenkassen online abgeglichen werden, um Kartenmissbrauch zu erschweren. Diese Online-Nutzung soll freiwillig bleiben, jedenfalls in dem Sinne, dass der Praxisrechner mit den Patientendaten nicht an das Netz angeschlossen wird. Wie das laufen soll, ist noch nicht ganz klar. Klar ist - bis jetzt -, dass die Praxen über einen Konnektor (eine Box, die zwischen Online-Anschluss und Praxissystem gestellt wird) an die Telematikinfrastruktur angebunden werden sollen. Um zu verhindern, dass die Patientendaten auch nur theoretischabgezogen werden können, könnte der Kartenleser für den Stammdatenabgleich mit dem Konnektor verbunden werden. Danach könnte das Lesegerät wieder an die Praxis-EDV angeschlossen werden. Ob das allerdings viele Arztpraxen so machen werden ist fraglich.(ger)

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Schaukämpfe der Politiker

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