E-Patientenakte - viele Vorteile für Ärzte und Patienten

Regionale Ärztenetze zeigen: Elektronische Patientenakten helfen, die Versorgung zu verbessern. Davon profitieren Ärzte und Patienten. Doch damit die schnellere Arzt-zu-Arzt-Kommunikation funktioniert, müssen die Voraussetzungen stimmen.

Rebekka HöhlVon Rebekka Höhl Veröffentlicht:
Über die E-Akte können Ärzte in Echtzeit Behandlungsdaten von Kollegen einsehen.

Über die E-Akte können Ärzte in Echtzeit Behandlungsdaten von Kollegen einsehen.

© flydragon / shutterstock.com

BERLIN. Mit der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) sollte sie kommen: eine schnellere und lückenlose Kommunikation unter den Leistungserbringern im Gesundheitswesen - die auch von den Ärzten immer wieder angemahnt worden ist.

Denn eine bessere Kommunikation bedeutet auch eine bessere Versorgung der Patienten. Getan hat sich in Sachen Vernetzung bislang jedoch wenig - zumindest auf Bundesebene.

Ganz anders sieht es auf regionaler Ebene aus: Hier zeigen die Ärztenetze, wie Vernetzung funktionieren kann. Aber auch, was nötig ist, damit die IT-Lösung anschließend auch von vielen Ärzten genutzt wird.

Behandlungspfade sparen Zeit im Praxisalltag

Das Zauberwort heißt in den meisten Ärztenetzen elektronische Patientenakte (ePA).

Denn wichtig für den Praxisalltag ist, dass der Datenaustausch für möglichst wenig Mehrarbeit sorgt, lautete der Tenor auf einem ePA-Workshop der Agentur deutscher Ärztenetze in Berlin.

Der Vorteil einer gemeinsamen elektronischen Patientenakte: Die Daten lassen sich per Knopfdruck mit der eigenen Patientenkartei synchronisieren, und alle mitbehandelnden Ärzte sehen in Echtzeit, was andere Ärzte an Infos eingestellt haben.

Außerdem können gemeinsame Behandlungspfade hinterlegt werden. Diese machen nicht nur den kompletten Behandlungsvorgang von der Diagnose bis zur Therapie sicherer, sie sparen Ärzten auch Zeit, wie die Softwarelösung des Netzes Südbrandenburg zeigt.

Das Netz nutzt für die Befundung nämlich aktive Körperillustrationen. Netzmanager Dr. Carsten Jäger zeigte am Beispiel Rheuma, wie die Software Ärzte unterstützt.

Der Hausarzt kann auf der Körperillustration anklicken, an welchen Gelenken Schmerzen und Schwellungen aufgetreten sind.

Die Infos werden automatisch in den Befundtext übernommen. Wichtig für die Akzeptanz der Netzsoftware und der ePA sei aber, dass sich jedes regionale Netz seine eigenen Behandlungspfade erarbeite, so Jäger.

Potenzielle Kontraindikation schneller aufspüren

Ein weiterer Vorteil der gemeinschaftlichen ePA ist die Möglichkeit, bei Arzneien mögliche Kontraindikationen schneller aufzuspüren. Hier gibt es allerdings eine Besonderheit: Im Netz Südbrandenburg haben die Patienten die Möglichkeit, die Dokumentation einzuschränken. Etwa wenn sie den Eintrag einer bestimmten Medikation nicht wünschen.

Das daraus resultierende Problem hat das Netz so gelöst, dass dann der Arzt nur den Hinweis einträgt, dass eine potenzielle Kontraindikation bei bestimmten Wirkstoffen besteht. Dann könnten betroffene Fachärzte direkt beim Kollegen nachfragen.

Ebenfalls ein klarer Vorteil einer Netzlösung sind die Auswertungen und Kennzahlen, die Ärzten über die Software zur Verfügung stehen. Im Gesunden Kinzigtal erhalten Ärzte laut Netzmanager Helmut Hildebrandt ein komplettes Versorgungscockpit.

Darüber können sie sich Kennzahlen zur Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität ihrer Praxis aufrufen. Außerdem sind - natürlich komplett anonymisiert - Feedbackberichte im Vergleich zu anderen Praxen möglich.

Dazu ist es allerdings notwendig, dass die Patienten, die an der Netzversorgung teilnehmen, zuvor der anonymisierten Auswertung der Daten auch schriftlich zugestimmt haben.

Ein Hauptproblem bleibt die IT-Schnittstelle

Ein großes Problem bei der Vernetzung ist aber nach wie vor die Vielzahl der Praxis-IT-Systeme, die eingesetzt werden. Oder, besser gesagt: Der Mangel an Schnittstellen, die es ermöglichen, dass die Systeme gut miteinander kommunizieren.

Sowohl im Netz Südbrandenburg als auch im Gesunden Kinzigtal hat das dazu geführt, dass es ein paralleles Netzsystem zusätzlich zur Praxissoftware gibt. Aber in beiden Netzen wollte man den Ärzten kein Einheits-Praxissystem aufs Auge drücken.

Die Schwierigkeit besteht nun in der Synchronisation der Daten aus Praxis- und Netzsoftware. Jäger empfiehlt seinen Netzärzten daher, möglichst in der Netzsoftware zu dokumentieren und die Daten dann ins Praxissystem laufen zu lassen.

Denn über den anderen Weg würden zu viele Daten in der Netzsoftware als Freitext, also unstrukturiert, erscheinen. Damit ließen sich die Daten nicht für Auswertungen nutzen.

Und die Parallelwelt birgt noch ein Problem: Die Nutzungsquote der Ärzte ist hier geringer, weil sie ein zusätzliches Programm bedienen müssen. Damit entstehen natürlich wieder Datenlücken. "Man braucht eine gemeinsame Nutzungsquote von mindestens 90 Prozent, damit das System allen nutzt", so Hildebrandt.

Nicht alles Gold, was glänzt

Doch die bekommen auch Netze nur selten hin. Ein Netz, in dem es klappt, ist solimed (Ärztliches Qualitätsnetz Solingen), aber hier sind auch alle Netzärzte auf eine einheitliche Software umgestiegen und nutzen jetzt die Software ixx.isynet der medatixx, in die die Netzlösung comdoxx direkt integriert wurde, wie Netzmanager Mark Kuypers berichtete.

Aber auch hier ist nicht alles Gold, was glänzt: Zunächst mussten die Ärzte zu dem Software-Umstieg motiviert werden. Weil es sich um eine dezentrale Lösung handelt, mussten die Praxen zudem zwischen 5000 und 15.000 Euro in ihre alten Praxissysteme investieren.

Denn jede Praxis braucht ihren eigenen Server, auf dem ihre Patientendaten liegen bleiben - die anderen Praxen erhalten lediglich ein Zugriffsrecht. Kuypers. "Und dieser Server muss durchlaufen, auch wenn die Praxis in Urlaub ist."

Sonst haben die anderen Praxen keinen Zugriff auf die Patientendaten. Auch das musste erst einmal im Ärztenetz kommuniziert werden.

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