Klinikmedikation in der Kritik von Praxischefs

HANNOVER (cben). Wenn Patienten aus der Klinik in die Praxis zurückkehren, bringen sie oft teure Verschreibungen mit und belasten das Budget der Niedergelassenen erheblich. Die KV Niedersachsen (KVN) wollte Genaueres über das Problem wissen und hat Praxischefs nach ihren Erfahrungen mit den Krankenhaus-Verordnungen gefragt. Das Ergebnis ist ernüchternd.

Veröffentlicht:
Viel zu selten verordnen Kliniken preisgünstige Arzneien.

Viel zu selten verordnen Kliniken preisgünstige Arzneien.

© Foto: Klaro

Angeschrieben wurden im April dieses Jahres 655 Kollegen, und zwar je zehn Prozent der Haus- und Kinderärzte, der Gynäkologen, fachärztlichen Internisten, Urologen, Psychiater, Neurologen und Nervenärzte. "Nach der Rücklaufquote von rund 40 Prozent betrachten wir die Ergebnisse als repräsentativ", sagt der Leiter der Honorar- und Vertragsabteilung der KVN, Erwin Weinhold.

58 Prozent der Befragten geben an, dass die Krankenhäuser die Medikation immer (acht Prozent) bis häufig (50 Prozent) umstellen, 40 Prozent schlagen sich gelegentlich mit diesem Problem herum, und nur zwei Prozent kreuzten "nie" an. "Selten" (50 Prozent) bis "nie" (31 Prozent) kehren die Patienten mit Verordnungen aus dem Krankenhaus zurück, die preisgünstige Präparate sind, etwa Generika. Nur gelegentlich (40 Prozent) oder nie (neun Prozent) verwenden die Kliniken bei der Entlassungsmedikation Wirkstoffbezeichnungen. Ebenso verhält es sich mit dem Hinweis auf Generika. Nach Angaben der befragten Ärzte fehlt dieser Hinweis bei der Hälfte der Patienten.

Stattdessen erhalten sie im Krankenhaus in bis zu 70 Prozent der Fälle OTC-Präparate. "Klar, dass sie ihren Hausarzt dann fragen, warum sie plötzlich selber zahlen sollen", sagt Weinhold. Oder die Kliniken verschreiben teure Off-label-use-Medikamente (59 Prozent: "gelegentlich", 13 Prozent: "oft"). Die Folge: Niedergelassene müssen auf günstigere Präparate umstellen und den Ärger der Patienten in Kauf nehmen.

"Wir können von unserer Seite nur wenig tun, um das Problem zu lösen", so Weinhold. "Immerhin sind inzwischen KV-Vertreter in einigen Arzneimittelkommissionen der Häuser vertreten." Allerdings hat die KV kein Recht darauf.

Indessen brechen manche Krankenhäuser mit ihrer Praxis geltendes Recht. So legt Paragraf 115 c SGB V fest, dass die Klinken Wirkstoffbezeichnungen mitzuteilen haben, außerdem muss bei der Patientenentlassung mindestens ein preisgünstigerer Therapievorschlag angegeben werden. Die Befragung widerlegt, dass die Ärzte ihrerseits die Kliniken zum Einlenken bewegen könnten. Eine Verständigung über die Medikation findet zwischen Klinik und Niedergelassenem nach Angaben von 55 Prozent der antwortenden Ärzte selten statt oder nie (18 Prozent).

Mehr zum Thema

„ÄrzteTag“-Podcast

Wie Hausärzte Fortbildung jetzt „feiern“

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

MB-Hauptversammlung

Johna: Klinikreform ist ein Großversuch ohne Folgeabschätzung

Vor dem Ärztetag in Mainz

Landesärztekammer-Präsident Matheis: „Es wird am Sachverstand vorbei regiert!“

Lesetipps
Mensch tippt auf Tastatur.

© Mikhail Tolstoy / stock.adobe.com

Liste veröffentlicht

Endlich: Zi zeigt, mit welchen PVS Praxen zufrieden sind

Der Hefepilz Candida auris in einer Petrischale

© Nicolas Armer / dpa / picture alliance

Krankmachender Pilz

Candida auris wird immer öfter nachgewiesen