Franchise - eine Option für Ärzte?

Eine Praxiskette im Stil von Mc Donald's? Das ist in unserem Gesundheitswesen heute schwer vorstellbar. Und doch können Franchisesysteme auch für Ärzte eine Option sein, mit Kollegen zu kooperieren.

Von Jürgen R. Karsten und Marc Müller Veröffentlicht:
McDonald‘s ist eine der bekanntesten Franchise-Marken weltweit.

McDonald‘s ist eine der bekanntesten Franchise-Marken weltweit.

© Peter Petto/iStockphoto.com

Der Begriff des Franchise ist im Gesundheitswesen zwar noch fremd und wird eher mit McDonald's oder anderen gewerblichen Unternehmen assoziiert. Grundsätzlich ist Franchise aber für alle Branchen von Bedeutung.

Denn im Kern geht es bei Franchise darum, dass ein Franchisegeber ein fertig entwickeltes und erprobtes Unternehmensmodell an einen Franchisenehmer überlässt, der dafür eine Nutzungsgebühr an den Franchisegeber zahlt.

So manches Ärztenetz oder manche Teilgemeinschaftspraxis macht bereits vor, wie sich solche Unternehmensmodelle auch im Gesundheitsbereich erfolgreich nutzen lassen.

Der Franchisenehmer verliert nicht seine Selbstständigkeit

Dabei gilt in Sachen Unternehmensmodell häufig: Der Franchisegeber übernimmt unternehmerische Funktionen für alle Franchisenehmer. Dazu gehören zum Beispiel zentrales Marketing, zentraler Einkauf und Verwaltungsaufgaben.

Der Franchisenehmer bleibt selbstständiger Unternehmer, der im Rahmen des vorgegebenen Franchisesystems in eigener Verantwortung agiert.

Die Idee der Übertragung dieser Prinzipien in das Gesundheitswesen ist nicht neu. So gibt es im Bereich der Zahnmedizin, der Physiotherapie, der Pflegedienste und im Bereich der Humanmedizin bereits eine Reihe funktionierender Franchisesysteme. Die Prinzipien des Franchising kommen auch in vielen anderen Konstruktionen, die offiziell nicht als Franchisesysteme bezeichnet werden, zum Tragen.

Größere Zusammenschlüsse von Ärzten, wie zum Beispiel Netze, Kooperationsgemeinschaften, Teilgemeinschaftspraxen oder überörtliche Berufsausübungsgemeinschaften, funktionieren weitestgehend bereits nach diesen Mustern.

Die beteiligten Ärzte gliedern zum Beispiel Verwaltung, Abrechnung, Marketing, Terminvergabe und Materialeinkauf an eine gemeinsame Servicegesellschaft aus und konzentrieren sich auf die eigentliche medizinische Tätigkeit.

Die Ärzte bestimmen, wie das System aussieht

Die Leistungserbringung wird dabei zwischen den beteiligten Ärzten standardisiert und aufeinander abgestimmt. Eine solche Abstimmung ist immer dann notwendig, wenn mehrere Kollegen in einen Behandlungsprozess bei einem Patienten eingebunden sind.

Aber auch eine zentrale Patientensteuerung über ein gemeinsames Marketing erfordert eine einheitliche, standardisierte Behandlungsqualität. Diese Standardisierung von Behandlungspfaden kann im einfachsten Fall durch eine verbindliche Festlegung auf gegebenenfalls angepasste Behandlungsleitlinien erfolgen.

Die beschriebene Vorgehensweise entspricht im Ergebnis in vielen Punkten einem Franchisesystem.

Während jedoch in einem typischen Franchisesystem ein Franchisegeber ein System für viele Franchisenehmer vorgibt, wird in den oben angesprochenen Fällen der kooperativen Leistungserbringung von den beteiligten Ärzten ein gemeinsames System entwickelt, das dann von einer gemeinsamen Servicegesellschaft gesteuert wird. Es erfolgt quasi ein Franchising "von unten nach oben".

Materialeinkauf, Abrechnungen, Praxis-Marketing und Patientensteuerung

Franchisesysteme

Ein Franchisesystem ist eine spezielle Form eines Absatz- und Vertriebssystems. Es ist in der Regel so organisiert, dass ein Franchisegeber eine Geschäftsidee entwickelt und möglicherweise in einem Pilotbetrieb testet.

Das Unternehmensmodell wird dann von Franchisenehmern oder Franchisepartnern, rechtlich selbstständigen Unternehmenseinheiten, am Markt ausgerollt. Dabei treten die Franchisenehmer nach außen einheitlich auf.

Der Franchisegeber übernimmt für alle Partner zentralisierbare Aufgaben, etwa Marketing, Einkauf und einen Teil der Verwaltung. Er sorgt für die Einhaltung einheitlicher Qualitätsstandards. Für diese Dienstleistungen zahlen Franchisenehmer eine Nutzungsgebühr an die Zentrale.

Zurzeit stehen aber auch zahlreiche gewerbliche Investoren in den Startlöchern, um Franchisesysteme im Gesundheitswesen zu etablieren. Dabei geht es in der Regel darum, für Heilberufler Infrastruktur, Verwaltung und Organisation zur Verfügung zu stellen.

Ein gewerblicher Franchisegeber stellt in diesen Fällen Praxisräume und Praxiseinrichtung, sorgt für die Einstellung der Medizinischen Fachangestellten (MFA), erledigt den Materialeinkauf, erstellt die Abrechnungen und sorgt für Praxis-Marketing und Patientensteuerung.

Da diese Modelle bundesweit ausgerollt werden, sind einheitliche Behandlungs- und Qualitätsnormen einzuhalten. Dies erfolgt durch ein gemeinsames Qualitätsmanagementsystem (QMS), eine abgestimmte und vorgeschriebene Fortbildung und die Definition von verbindlichen Behandlungsleitlinien.

Werden Verhandlungen mit Kostenträgern erleichtert?

Selbstverständlich darf dabei die eigenverantwortliche Tätigkeit des Leistungserbringers, also des Arztes, nicht eingeschränkt werden, um die notwendige Freiberuflichkeit zu erhalten.

Diese Modelle (Franchisesysteme) bieten - unabhängig davon, ob diese auch offiziell so bezeichnet werden - erhebliche wirtschaftliche Vorteile und sichern aus Patientensicht eine festgelegte (Mindest-)Behandlungsqualität.

Sie dürften daher sowohl für Ärzte und Investoren als auch für die Kostenträger interessant sein, sodass mit einer Zunahme solcher Modelle in der Praxis zu rechnen sein dürfte.

Insbesondere dann, wenn Franchisesysteme von Ärzten für Ärzte entwickelt werden, bieten diese Gestaltungen für die Beteiligten eine deutlich verbesserte Wettbewerbsposition, etwa gegenüber Klinikketten, sodass ein Franchisesystem im Gesundheitswesen letztlich nicht zu einer Gefährdung, sondern zu einer Stärkung der Freiberuflichkeit des Arztes führen kann.

Steuerberater Dr. Jürgen Karsten und Steuerberater Marc Müller sind Geschäftsführer der Kanzlei ETL ADVISION in Berlin.

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