Last im Job

Wie Stress beim Hausarzt ankommt

Die psychische Belastung am Arbeitsplatz wächst und wächst - die Zahl der Krankheitstage wegen Burn-out und Co steigt. Die Folgen davon sind auch für Hausärzte spürbar.

Von Beate Schumacher Veröffentlicht:
Das Spektrum der Beschwerden durch Arbeitsstress ist breit. Müdigkeit ist eine davon.

Das Spektrum der Beschwerden durch Arbeitsstress ist breit. Müdigkeit ist eine davon.

© granata68 / fotolia.com

HEMSBACH. Jeder zweite Berufstätige arbeitet laut aktuellem Stressreport der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin unter starkem Zeit- und Leistungsdruck.

Ebenso viele haben eine Arbeitswoche von mehr als 40 Stunden und jeder Vierte verzichtet auf Pausen. Bei 43 Prozent hat der Stress im Arbeitsalltag in den letzten Jahren zugenommen.

Das macht sich auch in den Hausarztpraxen bemerkbar. "Die Zahl der Patienten, die über Stress am Arbeitsplatz klagen, steigt in unserer Praxis und auch in anderen Praxen meines Qualitätszirkels stetig an", berichtet Dr. Dr. Peter Schlüter, Arzt für Allgemeinmedizin und Naturheilverfahren aus Hemsbach, im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung".

Laut Stressreport geht der zunehmende Arbeitsstress mit einer Zunahme von Beschwerden wie Kopf-, und Rückenschmerzen sowie Schlafstörungen einher. Das Spektrum der geäußerten Beschwerden ist breit.

"Die Beschwerden reichen von Müdigkeit und Abgeschlagenheit über Magenbeschwerden und Magenkrämpfe bis hin zu depressiven Verstimmungen", bestätigt Schlüter.

Manche von Schlüters Patienten berichten im Zusammenhang mit ihren gesundheitlichen Problemen über die Belastung am Arbeitsplatz oder sagen sogar direkt, dass sie "jetzt mal eine Auszeit benötigen".

Ansonsten spricht Schlüter das Thema "Arbeitsstress" sehr schnell von sich aus an, wenn Patienten eine Abklärung von Abgeschlagenheit wünschen. Allerdings wollten die meisten der wirklich überforderten Patienten gar nicht wahrhaben, dass sie an den Folgen von Arbeitsüberlastung leiden.

"Das wäre im Prinzip das Eingeständnis der Unfähigkeit, den Anforderungen des Arbeitsplatzes gerecht zu werden", so Schlüter.

Die Überlastungsreaktion bzw. das Erschöpfungssyndrom sei nämlich oft mit verursacht durch den inneren Konflikt des Betroffenen zwischen eigenen Erwartungen - an die eigenen Fähigkeiten, an den Job, an den Chef - und der Realität.

Viele Patienten mit Burn-out kommen deswegen mit dem Wunsch, für ihre Müdigkeit und Abgeschlagenheit eine medizinische Erklärung wie Eisenmangel oder Hypothyreose zu erhalten, so Schlüters Erfahrung.

Ursache bearbeiten und beseitigen

Natürlich sei an erster Stelle eine organische Ursache auszuschließen - oft zeige sich aber schon im Gespräch mit diesen Patienten, dass die Arbeitsplatzsituation eine Rolle spiele.

Die Unterscheidung, ob jemand wirkliche überlastet ist oder nur mal eine Auszeit nehmen will, stellt laut Schlüter meistens kein Problem dar. Bei den "Faulenzern" werde oft eine banale Erkrankung wie Rückenschmerzen oder eine Erkältung vorgeschoben.

"Der von einem Überlastungssyndrom Betroffene wirkt dagegen wirklich krank und verlangt meistens nach medizinischer Abklärung seines Zustandes."

Zu dem Symptomenkomplex des Burn-out-Syndroms, das als Form der Depression diskutiert wird, gehören unter anderem Arbeitswut, depressive Verstimmung, sogenannte Anpassungsstörungen, aber auch Aggressivität, Rückzugstendenzen, und Schlafstörungen.

Stress im Job kann auch eine Verstärkung der Symptome somatischer Erkrankungen zur Folge haben.

"Das sind letztendlich Signale des Körpers, dass die Anforderungen zurückgefahren werden müssten", so Schlüter. Besonders gefährdet seien Patienten mit kardiovaskulären Krankheiten wie Hypertonie und KHK.

Welche Tipps kann man Patienten geben, die sich durch ihre Arbeit ausgelaugt fühlen? Laut Schlüter gilt es, das gesamte Spektrum der individuellen Lebensumstände zu bearbeiten. "Das beginnt mit der ,Arbeit‘ an sich selbst und der ehrlichen Suche nach der Ursache für den als belastend empfundenen Zustand."

Wenn die Ursache mit dem Patienten geklärt und besprochen sei, dann müsse diese Ursache bearbeitet und im besten Falle beseitigt werden. Das kann im Extremfall auch einen Wechsel des Arbeitsplatzes beinhalten.

Und wie kann ein vielbeschäftigter Arzt sich selbst vor schädlichem Stress schützen? Für Schlüter setzt dies Selbstorganisation und gutes Terminmanagement voraus: "Das Führen einer Praxis mit 1400 bis 1500 Scheinen muss an einem 8-Stunden-Tag zu schaffen sein - sonst ist man falsch organisiert."

Nur so könne man Raum schaffen für die notwendigen Auszeiten - mit gesunder Ernährung, genügend Schlaf und viel Sport.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Statistisches Bundesamt

Beschäftigte arbeiten 2026 2,4 Arbeitstage mehr

Leichtere Umsetzung

DMP Depression wird aktualisiert

Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Was die MS-Behandlung auszeichnet

© Suphansa Subruayying | iStock

Lebensqualität

Was die MS-Behandlung auszeichnet

Anzeige | Merck Healthcare Germany GmbH
Unsichtbare MS-Symptome im Fokus

© AscentXmedia | iStock

Lebensqualität

Unsichtbare MS-Symptome im Fokus

Anzeige | Merck Healthcare Germany GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Abb. 1: Risikoreduktion durch Bempedoinsäure gegenüber Placebo in der CLEAR-Outcomes-Studie für den primären 4-Komponenten-Endpunkt (A) und den sekundären 3-Komponenten-Endpunkt (B) stratifiziert nach Diabetes-Status

© Springer Medizin Verlag

Diabetes mellitus

Bempedoinsäure: Benefit für Hochrisiko-Kollektive

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Daiichi Sankyo Deutschland GmbH, München
Abb. 1: Studie DECLARE-TIMI 58: primärer Endpunkt „kardiovaskulärer Tod oder Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz“ in der Gesamtkohorte

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [4]

Diabetes mellitus Typ 2

Diabetes mellitus Typ 2 Präventiv statt reaktiv: Bei Typ-2-Diabetes mit Risikokonstellation Folgeerkrankungen verhindern

Sonderbericht | Beauftragt und finanziert durch: AstraZeneca GmbH, Hamburg
Patientenzentrierter Ansatz und europäische Produktion

© Springer Medizin Verlag

Unternehmen im Fokus

Patientenzentrierter Ansatz und europäische Produktion

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Advanz Pharma GmbH, München
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Wenn „Gender“ und „Sex“ nicht übereinstimmen

Geschlechtsinkongruenz bei Kindern: Tipps zum Umgang mit trans*

Lesetipps
Sieht lecker aus und schmeckt — doch die in Fertigprodukten oft enthaltenen Emulgatoren wirken proinflammatorisch. Ein No-Go für Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen.

© mit KI generiert / manazil / stock.adobe.com

Emulgatoren in Fertigprodukten

Hilfreich bei Morbus Crohn: Speiseeis & Co. raus aus dem Speiseplan!

Checkliste Symbolbild

© Dilok / stock.adobe.com

Auswertung über Onlinetool

Vorhaltepauschale: So viele Kriterien erfüllen Praxen laut Honorarvorschau