Arztwerbung

Was ist "abstoßend"?

Ein Urteil schafft etwas Klarheit, wann eine Praxiswerbung mit Fotos rechtskonform ist. Wettbewerbshüter zweifeln aber, dass das Verbot abstoßender Werbung nur für die Kosmetik gilt.

Von Monika Peichl Veröffentlicht:
Marktschreierische Werbung ist Praxen verboten. Das trifft nicht nur bei der direkten Ansprache, sondern auch bei der Bildsprache zu.

Marktschreierische Werbung ist Praxen verboten. Das trifft nicht nur bei der direkten Ansprache, sondern auch bei der Bildsprache zu.

© Izabela Habur/iStockphoto

NEU-ISENBURG. Praxisteams, die potenzielle Patienten mittels Werbung auf ihr Leistungsportfolio aufmerksam machen wollen, müssen mitunter eine Gratwanderung unternehmen. Denn Abbildungen zwecks Arztwerbung dürfen nicht abstoßend sein. Noch ist aber unklar, was darunter zu verstehen ist.

Der Begriff "abstoßend" wurde durch die EU-bedingte Novelle des Heilmittelwerbegesetzes (HWG) ins deutsche Rechtssystem eingeführt, wo er bis dahin unbekannt war. Laut Wettbewerbszentrale bringt eine Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Celle nun etwas Licht ins Dunkel.

In dem von der Zentrale geführten Verfahren verpflichteten sich drei beklagte Zahnärzte, nicht mehr für die Tätigkeit einer Mitarbeiterin zu werben, ohne zu erwähnen, dass sie als Vorbereitungsassistentin noch keine Vertragsarztzulassung besaß. In einem weiteren Streitpunkt ging es um Abbildungen in einer Patientenzeitschrift der Zahnärzte.

Zu sehen war darauf das Gebiss einer Patientin vor und nach der Behandlung, das Vorher-Bild war untertitelt mit dem Text "Jahrelange Vernachlässigung zerstört Zähne und Zahnfleisch".

Dreh- und Angelpunkt ist die "medizinische Indikation"

Das Landgericht Verden hatte als Vorinstanz die Praxisinhaber noch zur Unterlassung verurteilt, weil damals noch das alte HWG galt, das derartige Vorher-nachher-Abbildungen untersagte. Seit Oktober 2012 sind sie nur noch für operative plastisch-chirurgische Eingriffe verboten (Paragraf 11 Absatz 1 Satz 3), also für Eingriffe ohne medizinische Notwendigkeit.

Wie die Wettbewerbszentrale mitteilt, wertete das OLG Celle die Abbildungen nicht als Verstoß gegen das (neue) HWG. Verbotene Werbung habe schon deshalb nicht vorgelegen, weil sich die Werbeaussage nicht auf die Veränderung des menschlichen Körpers ohne medizinische Notwendigkeit beziehe.

Es sei zwar auch um die Wiederherstellung der Attraktivität der Zahnpatientin gegangen, aus der Werbung ergebe sich aber, dass für die Gebisssanierung eine medizinische Indikation bestanden habe. Die eher zurückhaltende kleinformatige Ablichtung des geöffneten Mundes halte sich "noch im Bereich des Erträglichen".

Nach Einschätzung der Bad Homburger Wettbewerbshüter hat das OLG damit erste Kriterien dafür aufgestellt, wann eine Abbildung "abstoßend" ist. Sie bezweifeln aber, dass das Verbot der vergleichenden Abbildungen nur für kosmetisch indizierte Eingriffe gilt.

Das HWG diene dem Ziel, die Verbraucher vor unsachlicher Beeinflussung zu schützen, daher "wäre in diesem Fall eine strengere Auffassung durchaus berechtigt gewesen, zumal die beworbene Behandlung auch zu ästhetischen Zwecken" erfolgt sei.

Az.: 13 U 160/12

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Fragwürdiger Ekel-Faktor

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