Interview

"Geld ist im Gesundheitswesen genug da"

Der SAP-Mitbegründer Dietmar Hopp, 70, ist nach seinem Ausstieg bei SAP nicht nur einer der reichsten Männer Deutschlands. Weniger bekannt ist, dass er viel Geld ins Gesundheitswesen investiert hat, zuletzt 40 Millionen Euro in eine neue Klinik in Heidelberg. Im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung" hat der Unternehmer Hopp auch manchen Tipp für niedergelassene Ärzte parat.

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"Geld ist im Gesundheitswesen genug da, man muss es nur richtig verteilen und an den richtigen Stellen einsetzen." (Dietmar Hopp, Unternehmer und SAP-Mitbegründer)

"Geld ist im Gesundheitswesen genug da, man muss es nur richtig verteilen und an den richtigen Stellen einsetzen." (Dietmar Hopp, Unternehmer und SAP-Mitbegründer)

© Klaus Rüschhoff

Ärzte Zeitung: Herr Hopp, Sie haben als Investor in den vergangenen zehn Jahren viele Erfahrungen sammeln können. Sie sind Besitzer von Golfplätzen und haben Hoffenheim in die Bundesliga geführt. Welches Geschäftsfeld ist für Sie das spannendste und lukrativste: Informationstechnik, Sport oder Gesundheit?

Dietmar Hopp: (lacht) Ganz klar, Fußball.

Ärzte Zeitung: Weil er berechenbarer ist als das Gesundheitswesen?

Hopp: Mal ganz im Ernst. Ich habe 16 Engagements in Biotech-Unternehmen. Das werden nicht alles Treffer sein. Wenn nur zwei davon richtig durchkommen, hat sich das Ganze schon gelohnt. Und was auf jeden Fall bleibt: Durch das Engagement sind für einen langen Zeitraum wertvolle Arbeitsplätze entstanden und gesichert worden.

Ärzte Zeitung: Jetzt stecken Sie 40 Millionen Euro ins Ethianum in Heidelberg, in eine Klinik für plastische Chirurgie. Verfolgen Sie als Investor eine langfristige Strategie?

Hopp: Einen Masterplan habe ich nicht, wenn Sie das meinen. Mit dem Ethianum entsteht etwas wirklich Neues, das sich abhebt von der Behäbigkeit, die sonst im Gesundheitswesen herrscht. Das Ethianum steht auf dem Fundament Vertrauen, dass die fachliche und wissenschaftliche wie auch die wirtschaftliche Leitung in guten Händen ist. An der Klinik wird auch Stammzellforschung betrieben, und es soll ein Haus sein, in dem Menschlichkeit ganz oben steht.

Das Ethianum soll in der 1. Liga im Klinikmarkt mitspielen, auch international. Dann ist auch der ökonomische Erfolg möglich. Als Investor braucht man aber einen langen Atem.

Ärzte Zeitung: So langen Atem wie in der Gesundheits-IT? Wie bewerten Sie Ihr Engagement bei InterComponentWare, ICW?

Hopp: Ich könnte ein Buch schreiben über das, was ich mit ICW erlebt habe. Durch die Abhängigkeit von der Politik wäre ICW in erhebliche Turbulenzen gekommen, wenn nicht die Großinvestoren mitgespielt hätten. Elektronische Gesundheitskarte, Gesundheitsakte, sichere Online-Anbindung für Ärzte: Es gibt so viele Vorteile für alle Beteiligten - maßgeschneiderte Therapie, keine überflüssigen Untersuchungen, weil die Daten zur Verfügung stehen, wo sie gebraucht werden, Transparenz der erbrachten Leistungen. Aber in Deutschland ist das wirklich totgemacht worden. Das ist schon frustrierend.

Ärzte Zeitung: Der Ärztetag hat sich wegen datenschutzrechtlicher Bedenken gegen die neue Karte ausgesprochen. Zählt das in Ihren Augen nicht?

Dietmar Hopp

Aktuelle Position:
Werdegang/Ausbildung:
Karriere:
Privates:

Hopp: Welches politische Gewicht hat denn der Ärztetag wirklich? Selbst innerhalb der Ärzteschaft? Sehen Sie, mit Hilfe der Konnektoren erreichen wir eine viel höhere Sicherheit als beim Online-Banking, und trotzdem wird immer wieder der "gläserne Patient" ins Feld geführt - womöglich von Ärzten, die in ihrer eigenen Praxis eher lax mit dem Datenschutz umgehen.

Ich habe gelernt, wie im Gesundheitswesen argumentiert wird. Tatsache ist: Wir müssen einfach Transparenz ins System bringen, um die Ärzte auch tatsächlich nach Leistung zu bezahlen. Aber noch nicht einmal das ist durchsetzbar.

Ärzte Zeitung: Wie sehen Sie die weitere Entwicklung bei der elektronischen Gesundheitskarte?

Hopp: Ich glaube immer noch an die Vorteile der Karte, aber ICW hat dieses Geschäftsfeld vorerst aufgegeben. Wenn doch noch ein Wunder geschehen sollte, könnten wir die Entwicklung allerdings schnell wieder aufnehmen.

Ärzte Zeitung: ICW ist mit den Entwicklungen für die eGK auch bei den Hausarztverträgen aktiv geworden, um eine sichere Online-Abrechnung zu ermöglichen. Kommt auf diesem Weg eine Telematikinfrastruktur zu den Ärzten?

Hopp: Die Hausarztverträge waren tatsächlich eine Chance, die Online-Anbindung der Ärzte über Konnektoren sicher zu machen. Ich dachte eigentlich, wenn wir es einmal schaffen, in Baden-Württemberg mit 1500 Hausärzten eine fehler- und problemlose Online-Abrechnung hinzustellen, dann hätte das bundesweit Signalwirkung. Doch weit gefehlt! Wir haben das zwar tatsächlich geschafft, die Online-Abrechnung funktioniert praktisch fehlerlos, aber trotzdem ist man in Bayern wieder einen Schritt zurück und hat sich für die Lösung mit CD entschieden. Die Fehlerraten sind extrem, bei geringerem Sicherheitsstandard. Die Entscheidungslogik im Gesundheitswesen ist für mich teilweise nicht mehr nachvollziehbar, zumal die Strukturen in weiten Teilen wirklich noch rückständig sind.

Ärzte Zeitung: Hat das Konsequenzen für ICW? Sind die vielen Millionen Euro, die Sie und andere Investoren da reingesteckt haben, verloren?

Hopp: Normalerweise hätten wir das Unternehmen schließen müssen. Wir sind jetzt aber auf gutem Weg und hoffen, in zwei Jahren in die schwarzen Zahlen zu kommen, auch ohne elektronische Gesundheitskarte. Die Kooperation mit GE Healthcare in den USA läuft gut, und auch für Kliniken wie das Ethianum hier in Heidelberg bietet ICW gute Lösungen an. Im Zusammenspiel mit dem Klinikinformationssystem von Meyerhofer haben wir eine interessante Lösung zu bieten.

Ärzte Zeitung: Als Investor haben Sie inzwischen einige Erfahrung im Gesundheitswesen gesammelt. Auch freiberuflich tätige Ärzte investieren täglich im Gesundheitswesen - Geld und Arbeitskraft. Was würden Sie Ärzten als Unternehmern empfehlen? Oder werden in Zukunft Kapitalgesellschaften und Investoren das Gesundheitswesen dominieren?

Hopp: Bevor ich SAP mit gegründet habe, habe ich auch mit der Idee gespielt, eine eigene Praxissoftware zu entwickeln. Ich weiß daher, wie es in Arztpraxen zugeht - und das ist teilweise immer noch so wie damals bei meinem Schwiegervater in den 60er Jahren. Das wird mit Sicherheit nicht so bleiben.

Aber die Freiberuflichkeit lässt sich erhalten, es ist für niedergelassene Ärzte zum Beispiel wichtig, Synergien mit Kollegen zu nutzen, etwa in Ärztezentren. Zu den nötigen Veränderungen gehört aber auch, moderne Informationstechnik zu nutzen. Geld ist im Gesundheitswesen genug da, man muss es nur richtig verteilen und an den richtigen Stellen einsetzen.

Ärzte Zeitung: Ihre Vision für ein Gesundheitswesen der Zukunft - wann werden relevante Gesundheitsdaten eines Patienten für behandelnde Ärzte immer dann im Zugriff sein, wenn sie sie brauchen?

Hopp: Die elektronische Gesundheitsakte? In Deutschland nicht vor 2040! (lacht sarkastisch) Nein, im Ernst, wahrscheinlich wird das mindestens noch fünf Jahre dauern. Viele andere Länder werden uns in dieser Zeit rechts und links überholen.

Das Gespräch führten Hauke Gerlof und Kerstin Mitternacht.

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