Prellbock Praxisteam

Seit mehr als 20 Jahren bildet Dr. Karl Heinz Baumgartl Medizinische Fachangestellte aus. Der Internist hat große Hochachtung vor ihrer Arbeit: "Es ist ein Stressberuf". Es gibt Vormittage, an denen sein Team mehr als 400 Patientenkontakte managt.

Von Sabine Schiner Veröffentlicht:
Jeder im Team der Praxis hat einen festen Verantwortungsbereich (v.l.): Isabel Bork, Dr. Karl Heinz Baumgartl, Melanie Beck, Irmtraut Hamann, Dr. Heide Fröhner, Melanie Irmscher, Dr. Ulrich Ehrle, Alexandra Kast.

Jeder im Team der Praxis hat einen festen Verantwortungsbereich (v.l.): Isabel Bork, Dr. Karl Heinz Baumgartl, Melanie Beck, Irmtraut Hamann, Dr. Heide Fröhner, Melanie Irmscher, Dr. Ulrich Ehrle, Alexandra Kast.

© Sabine Schiner

PFUNGSTADT. Etwa 1000 Ausbildungsverträge zur Medizinischen Fachangestellten werden jedes Jahr in Hessen abgeschlossen.

Zu denen, die seit mehr als 20 Jahren erfolgreich neue Kräfte ausbilden, gehört Dr. Karl Heinz Baumgartl, Facharzt für Innere Medizin und Nephrologe in Pfungstadt, einem Ort mit 25.000 Einwohnern nahe Darmstadt.

Für ihn ist es eine Verpflichtung, die er ernst nimmt: "Ausbilden heißt auch, dass man Zeit investiert."

Baumgartl, 1955 geboren, ist ein Mannschaftsspieler. Er arbeitet seit 1990 in einer Gemeinschaftspraxis und ist Mitgründer eines Dialysezentrums in Darmstadt.

Er verträgt sich gut mit seinen beiden Kollegen Dr. Heide Fröhner, einer hausärztlichen Internistin, und dem Gastroenterologen Dr. Ulrich Ehrle. "Wir sind uns einig - und das ist auch ein Grund, warum es im Praxisteam nicht zu Verwerfungen kommt", sagt Baumgartl.

"Das ist ein Stressberuf"

Zum Team gehören acht Mitarbeiterinnen in Voll- und Teilzeit, darunter sind zwei Auszubildende und eine Praxismanagerin. Baumgartl schätzt ihre Arbeit.

Es gebe Vormittage, an denen sein Team mehr als 400 Patientenkontakte verwaltet - samt Anfragen per Telefon oder Mail. "Es ist ein Stressberuf."

Die Mitarbeiterinnen an der Rezeption sind erste Anlaufstelle für gefrustete oder unzufriedene Patienten. "Sie sind die Prellböcke, die alles abfangen."

In den vergangenen 20 Jahren gab es nur eine Auszubildende, die Baumgartl noch in der Probezeit entlassen musste. "Sie hatte psychische Probleme", erzählt er.

Die aktuellen Azubis sind ein Glücksgriff. Melanie Irmscher (21) ist im zweiten Ausbildungsjahr. Sie hat Abitur, bekam keinen Studienplatz für Medizin und überbrückt mit der Ausbildung die Wartezeit. Sie liebt vor allem die praktische Arbeit.

Alexandra Kast (17) ist im ersten Ausbildungsjahr und wollte schon immer in einer Praxis arbeiten. Betreut werden sie von Praxismanagerin Irmtraut Hamann.

Melanie Irmscher fiel anfangs der Umgang mit den Patienten nicht leicht. Mit der Zeit habe sie jedoch gelernt, ruhig zu bleiben und sich um sie zu kümmern. Heute mache es ihr Freude, mit Patienten umzugehen.

An der praktischen Ausbildung haben beide Auszubildenden nichts auszusetzen. Einziger Kritikpunkt an der schulischen Ausbildung: Es gebe keinen Unterricht in Englisch.

"Ohne Praxismanagerin geht es nicht"

Baumgartl bezahlt nach Tarifvertrag. Seine Azubis haben meist Realschulabschluss, aber er gibt auch Hauptschülern eine Chance. Die Ausbildung ist breit aufgestellt - fachärztlich und hausärztlich.

Fortbildungen sind für ihn ein gutes Instrument, um das Team zu motivieren. Mit dem Qualitätsmanagement sei es ähnlich. Jeder im Team habe seinen eigenen Verantwortungsbereich, und einmal im Monat gebe es eine Teambesprechung.

Eine große Stütze ist die Praxismanagerin Irmtraut Hamann. "Ohne eine Praxismanagerin geht es nicht", sagt der Arzt.

Hamann ist seit mehr als 20 Jahren im Team und organisiert die Arbeit in Schichten. Sie teilt den Azubis auch gleich zu Anfang einen Aufgabenbereich zu, etwa das EKG.

Auch Irmtraut Hamann macht ihre Arbeit gerne. Das Arbeitsklima ist gut, das sei auch an der Rückmeldung der Patienten zu merken. "Wenn die sagen, Ihr seid ein tolles Team, dann weiß ich: Wir haben alles richtig gemacht", sagt Hamann.

Kritisch sieht sie die Bezahlung der MFA. "Es ist ein unterbezahlter Job mit einer hohen Verantwortung." Kürzlich habe ein junger Mann in der Praxis ein Praktikum gemacht.

"Das war toll, doch wenn er später eine Familie ernähren will, wird er diesen Job nicht machen."

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