Versicherungen: EuGH-Gutachterin fordert Unisex-Tarife

Werden manche Versicherungen in Zukunft teurer? Ein Vorschlag aus der EU könnte diese Folgen haben.

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Das EuGH sagt, die ungleichen Tarife für Männer und Frauen seien gleichheitswidrig - außer es handele sich um "eindeutige biologische Unterschiede" wie das Kostenrisiko einer Schwangerschaft.

Das EuGH sagt, die ungleichen Tarife für Männer und Frauen seien gleichheitswidrig - außer es handele sich um "eindeutige biologische Unterschiede" wie das Kostenrisiko einer Schwangerschaft.

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LUXEMBURG (mwo). Die medizinische Geschlechter-Forschung könnte bald neue Impulse aus der Versicherungswirtschaft bekommen. Folgt der Europäische Gerichtshof (EuGH) einem dort vorgelegten Rechtsgutachten, dann hat die Branche ein großes Interesse daran, Unterschiede zwischen Frau und Mann biologisch zu begründen. Denn rein statistische Unterschiede sollen nicht mehr in die Kalkulation der Versicherungstarife einfließen, so die richterliche Rechtsgutachterin Juliane Kokott in Luxemburg.

Die deutschen Versicherer sehen ihr Prinzip der "Beitragsgerechtigkeit" in Gefahr und warnen vor im Durchschnitt steigenden Preisen: Kein Unternehmen könne wissen, wie viele Männer und wie viele Frauen einen Unisex-Tarif abschließen. Dieses neue Risiko werde preistreibend in die Kalkulationen eingehen. Abschließend wird der EuGH in einigen Monaten entscheiden. Er folgt meist den Rechtsgutachten, ist aber nicht daran gebunden.

Vom Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen gibt es bislang eine Ausnahmeklausel im EU-Recht, wenn sich nach Geschlecht unterschiedliche Risiken durch versicherungsmathematische und statistische Daten gesichert belegen lassen. Weil Frauen eine höhere Lebenserwartung haben, zahlen sie höhere Beiträge für eine Rentenversicherung, aber geringere für eine Kapitallebensversicherung. Weil sie weniger Unfälle bauen, können sie ihr Auto billiger versichern.

Zu einem Streit in Belgien erklärte nun EuGH-Generalanwältin Kokott, die ungleichen Tarife seien gleichheitswidrig. Sie seien nur gerechtfertigt, wenn sie auf "eindeutig nachweisbare biologische Unterschiede" zurückgehen, wie es zum Beispiel das Kostenrisiko einer Schwangerschaft in der privaten Krankenversicherung ist.

Im Gegensatz etwa zum Alter sei das Geschlecht "untrennbar mit der Person verbunden". Risiken, die sich "allenfalls statistisch mit dem Geschlecht in Verbindung bringen lassen", sollen daher nicht mehr zu unterschiedlichen Tarifen führen, so Kokott. Beispielsweise sei die Lebenserwartung in starkem Maße von der Berufstätigkeit, Ernährung, Sport sowie Alkohol- und Drogenkonsum beeinflusst.

Az.: C-236/09

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