Keine Hartz-IV für rezeptfreie Arzneien

Können Hartz-IV-Bezieher Geld für rezeptfreie Arzneimittel vom Jobcenter einfordern? Nein, falscher Adressat, sagen die obersten deutschen Sozialrichter in Kassel. Dafür seien andere zuständig.

Veröffentlicht:
Gang zum Jobcenter: Für Gesundheit ist die Behörde nicht zuständig.

Gang zum Jobcenter: Für Gesundheit ist die Behörde nicht zuständig.

© Martin Schutt / dpa

KASSEL (mwo). Für das Existenzminimum in Sachen Gesundheit sind allein die Krankenkassen zuständig.

Patienten, die von Hartz IV leben, haben daher kaum Chancen, auf Privatrezept verordnete Medikamente von ihrem Jobcenter bezahlt zu bekommen, wie das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel in einem jetzt schriftlich veröffentlichten Urteil entschied.

Im Streitfall hatte eine Hartz-IV-Empfängerin in Berlin einen über die Regelleistung hinausgehenden Mehrbedarf wegen Eisenmangels, Osteoporose, chronischer Kopfschmerzen sowie einer Hautallergie geltend gemacht.

Ihr Arzt verordne ihr hierfür verschiedene rezeptfreie Medikamente, die jedoch von der Kasse nicht bezahlt werden.

Im Zweifel gegen die Kasse klagen

Das BSG wies die Klage ab. Begründung: Kassen seien grundsätzlich in der Pflicht, das gesundheitliche Existenzminimum der Hartz-IV-Empfänger abzusichern.

Im Zweifel müssten sich Arbeitslose daher mit einer Klage an ihre Krankenversicherung wenden und nicht an ihr Jobcenter.

Ein Hartz-IV-Mehrbedarf aus medizinischen Gründen kommt danach faktisch nur in Betracht, wenn Zuzahlungen zu Kassenleistungen den Arbeitslosen überfordern.

BSG: Kassen erfüllen ihren Auftrag

Nach Überzeugung des 14. BSG-Senats wird der Existenzsicherungsauftrag von den Kassen derzeit wohl erfüllt.

So würden rezeptfreie Arzneimittel dann bezahlt, wenn sie bei schwerwiegenden Krankheiten als Therapiestandard gelten.

Auch bei Osteoporose und Eisenmangelanämie würden unter bestimmten Voraussetzungen die Kosten entsprechender Präparate übernommen.

Konsequenz für Ärzte: Sie sollten mit Hartz-IV-Patienten über die Ernährung sprechen; denn hier könne Mehrbedarf anerkannt werden.

Az.: B 14 AS 146/10 R

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Ein hartes Urteil für Arbeitslose

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Glasglobus und Stethoskop, eingebettet in grünes Laub, als Symbol für Umweltgesundheit und ökologisch-medizinisches Bewusstsein

© AspctStyle / Generiert mit KI / stock.adobe.com

Klimawandel und Gesundheitswesen

Klimaschutz und Gesundheit: Herausforderungen und Lösungen

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein MRT verbraucht viel Energie, auch die Datenspeicherung ist energieintensiv.

© Marijan Murat / dpa / picture alliance

Klimawandel und Gesundheitswesen

Forderungen nach Verhaltensänderungen und Verhältnisprävention

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

© Frankfurter Forum für gesellschafts- und gesundheitspolitische Grundsatzfragen e. V.

Das Frankfurter Forum stellt sich vor

Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Kommentare
Sonderberichte zum Thema

Ist das AMNOG bereit für HIV-Innovationen?

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Gilead Sciences GmbH, Martinsried
Arzneiforschung: Von Innovationen profitieren nicht nur Patienten, sondern immer auch die Gesellschaft als Ganzes.

© HockleyMedia24 / peopleimages.com / stock.adobe.com

Nutzenbewertung

Arznei-Innovationen: Investition mit doppeltem Nutzen

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Verband der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa)
Detailansicht eines Windrades: Bringt eine ökologisch nachhaltige Geldanlage auch gute Rendite? Anleger sollten auf jeden Fall genau hinschauen.

© Himmelssturm / stock.adobe.com

Verantwortungsbewusstes Investment

„Nachhaltig – das heißt nicht, weniger Rendite bei der Geldanlage!“

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank)
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Kommunikationstrainer gibt Tipps

Aggressive Patienten: So können Ärztinnen und Ärzte deeskalieren

Lesetipps