Bewerbungen

Randvermerke können Schadenersatz nach sich ziehen

Praxischefs droht bei unsauberer Absage Schadenersatzklage.

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NEU-ISENBURG. Suchen Praxischefs neue Mitarbeiter, wie zum Beispiel Medizinische Fachangestellte (MFA) oder auch Ärzte zur Anstellung, sollten sie darauf achten, im Falle einer schriftlichen Absage vor dem Rücksenden der Unterlagen eventuell getätigte Vermerke zu streichen.

Noch besser ist, sich Kopien der Bewerbungsunterlagen anzufertigen. Denn im Falle von Vermerken droht eine Diskriminierungsklage vor dem Arbeitsgericht.

Darauf weist Stefan Engelhardt, Landesregionalleiter Hamburg der DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V, mit Blick auf ein Urteil des Landesarbeitsgerichtes (LAG) Hamm hin.

Dies sprach einer abgelehnten Bewerberin auf Grundlage des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes eine Entschädigung in Höhe von 3000 Euro zu.

Vermerk "ein Kind, 7 Jahre alt!" war durchgängig unterstrichen

Im konkreten Fall hatte sich die Klägerin laut Engelhardt auf eine Stellenanzeige beworben, war jedoch abgelehnt worden.

Zusammen mit der Absage habe sie ihre Bewerbungsunterlagen zurückerhalten und auf ihrem Lebenslauf neben der Textzeile "verheiratet, ein Kind" handschriftlich vermerkt: "7 Jahre alt!" gefunden.

Zudem sei die Wortfolge "ein Kind, 7 Jahre alt!" durchgängig unterstrichen gewesen, was nach Auffassung der Klägerin eine Diskriminierung ihres Geschlechts dargestellte, sodass sie Klage auf Zahlung einer Entschädigung erhob.

Die Beklagte versuchte sich laut Engelhardt damit zu rechtfertigen, dass die Notiz deswegen hilfreich gewesen sei, weil sie dadurch gewusst habe, dass das Kind der Klägerin bereits in der Schule sei und somit eine Vollzeitbeschäftigung möglich ist.

Das Arbeitsgericht Siegen habe aber nicht vermocht, eine Diskriminierung zu erkennen und habe die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte dann allerdings Erfolg.

LAG erkannte auf mittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts

Zwar war das LAG, wie Engelhardt hervorhebt, der Auffassung, dass ein Abstellen auf das Kriterium "Ein Kind, 7 Jahre alt" keine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts darstellt, da die Tatsache der Elternschaft unabhängig vom Geschlecht besteht.

Auch ein Vater eines 7-jährigen Kindes könne wegen seiner Elternschaft benachteiligt werden. Allerdings habe das Gericht in der Ablehnung ein Indiz für die mittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts erkannt.

Mittelbare Benachteiligung bedeutet, so Engelhardt, dass sich in der durch die Maßnahme oder Regelung benachteiligten Gruppe im Vergleich zur begünstigten Gruppe wesentlich mehr Frauen als Männer befinden.

Dies sei hier der Fall gewesen, da das Merkmal "Ein Kind, 7 Jahre alt" sich auf die Frage der Vereinbarkeit von beruflicher Tätigkeit und Betreuung eines minderjährigen Kindes beziehe.

Dies betreffe im Wesentlichen Frauen, da die Kinderbetreuung in Deutschland nach wie vor überwiegend als Aufgabe der Frauen gesehen und von Ihnen auch vorrangig wahrgenommen werde. (maw)

Az.: 11 Sa 335/13

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