Partikeltherapie

Hessen will gegen Rhön klagen

Seit Jahren liegt ein Prestigeprojekt brach: Im Marburger Zentrum für Partikeltherapie wurden bis heute keine Patienten behandelt. Der Hersteller will die Anlage sogar wieder abbauen. Jetzt reicht es der Wissenschaftsministerin - das Land Hessen will vor Gericht ziehen.

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Hat einen Architekturpreis begonnen - und soll trotzdem abgerissen werden: das Partikeltherapiezentrum in Marburg.

Hat einen Architekturpreis begonnen - und soll trotzdem abgerissen werden: das Partikeltherapiezentrum in Marburg.

© Gesa Coordes

MARBURG. Weil das millionenschwere Partikeltherapiezentrum gegen Krebs in Marburg bis heute nicht von Ärzten und Patienten genutzt werden kann, bereitet das Land Hessen eine Klage gegen den Betreiber, die Rhön Klinikum AG vor.

Das kündigte Wissenschaftsministerin Eva Kühne-Hörmann am Freitag in Wiesbaden an. Das bereits vor mehr als zwei Jahren fertiggestellte Partikeltherapiezentrum hätte eigentlich bis zum 31. Dezember vergangenen Jahres in Betrieb gehen müssen, erklärte die Ministerin.

Dazu habe sich die Rhön Klinikum AG in dem Vertrag verpflichtet, den das Land Hessen und der private Krankenhausbetreiber schlossen, als das Universitätsklinikum Gießen und Marburg 2006 an Rhön verkauft wurde.

Rhön erhielt allerdings noch einen Aufschub: In einem so genannten "Letter of Intent" vereinbarte das Land Anfang 2013 mit dem Krankenhausbetreiber, dass spätestens am 31. Dezember dieses Jahres mit der ersten Patientenbehandlung begonnen werden solle.

Rhön verhandelt jedoch noch immer. Wissenschaftsministerin Kühne-Hörmann kündigte daher an, dass die Klage nun spätestens am 1. März 2014 eingereicht werde. Sie habe aber "begründete Hoffnung", dass die Anlage in Betrieb gehen werde, ohne dass der Rechtsweg beschritten werden müsse.

Rhön, das Marburger Universitätsklinikum und das Heidelberger Ionenstrahl-Therapiezentrum arbeiten nämlich seit Monaten an einem gemeinsamen Betreiberkonzept.

"Die Gespräche laufen in einem guten und konstruktiven Klima", sagte Rhön-Sprecher Frank Steibli: "Wir hoffen, dass wir die Anlage demnächst in Betrieb nehmen können." Weiter wollte er die Ankündigung von Wissenschaftsministerin Kühne-Hörmann nicht kommentieren.

Das für 120 Millionen Euro errichtete Partikeltherapiezentrum wurde bis heute nicht eröffnet, weil sich herausstellte, dass es aktuell nicht wirtschaftlich zu betreiben ist. Nachdem Hersteller Siemens den Abbau der Anlage beantragt hat, droht eine teure Bauruine auf den Marburger Lahnbergen.

Bislang gibt es die Partikeltherapie nur dreimal auf der Welt - zwei Zentren dieser Art existieren in Japan, eines in Heidelberg, wo jedes Jahr etwa 450 Patienten behandelt werden. Dort wird die Finanzierungslücke von der öffentlichen Hand getragen. In Kiel hat Siemens eine ähnliche Partikeltherapieanlage errichtet, die bereits wieder abgebaut wurde.

Bei der Partikeltherapie handelt es sich um ein sehr präzises Verfahren zur Bekämpfung von Krebsleiden, das kaum Schäden in der Umgebung des Tumors hinterlässt. Dabei werden Protonen oder Kohlenstoffionen in einer aufwendigen Beschleunigeranlage auf mehr als 70 Prozent der Lichtgeschwindigkeit gebracht und zielgenau auf den Tumor gelenkt.

Geeignet ist die Technik vor allem für klar abgegrenzte Tumore im Kopf, an der Wirbelsäule und an der Prostata. (coo)

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