Klinik-Abrechnung

Auch 16 Stunden sind "vollstationär"

Hat der zuständige Arzt eine vollstationäre Behandlung eingeplant, kann die Klinik diese auch dann abrechnen, wenn der Patient eher entlassen wird. Die Kasse darf die Klinik bei der Abrechnung nicht auf eine ambulante Behandlung verweisen, entschied nun das Bundessozialgericht.

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Nach 16 Stunden: Die Betten sind schon wieder frei.

Nach 16 Stunden: Die Betten sind schon wieder frei.

© m. letschert / fotolia.com

KASSEL. Das Bundessozialgericht (BSG) hat Krankenhäusern einen Anreiz genommen, Patienten unnötig mindestens 24 Stunden dazubehalten. Nach einem aktuell veröffentlichten Urteil können Kliniken bei entsprechendem Krankheitsbild einen stationären Aufenthalt auch dann abrechnen, wenn sich der Patient weniger als 24 Stunden im Krankenhaus aufgehalten hat.

Im entschiedenen Fall wurde die Patientin an einem Mittwochabend um 20:38 Uhr als Notfall in ein Krankenhaus in Hamburg eingeliefert. Die Ärzte diagnostizierten eine akute Gastroenteritis mit rezidivierender hypotoner Kreislaufdisregulation.

Die Patientin wurde vollstationär aufgenommen, ihre Entlassung war laut Aufnahmeanzeige für den Freitag vorgesehen. Nachdem sich der Zustand er Patientin unerwartet rasch stabilisiert hatte, wurde sie schon einen Tag früher, am Donnerstag um 12.38 Uhr, entlassen.

Die Klinik stellte der Krankenkasse für eine vollstationäre Behandlung 678 Euro in Rechnung. Die Kasse forderte die Klinik auf, die Rechnung zu stornieren und ihre Leistungen als ambulante Behandlung abzurechnen. Denn eine vollstationäre Behandlung setze einen Krankenhausaufenthalt von mindestens 24 Stunden voraus.

Doch eine solche Mindestaufenthaltsdauer lasse sich weder dem Gesetz noch der bisherigen Rechtsprechung entnehmen, urteilte nun das BSG. Auch ein Aufenthalt von knapp 16 Stunden könne daher eine vollstationäre Behandlung sein. Voll- und teilstationäre Leistungen seien in erster Linie anhand der geplanten Aufenthaltsdauer abzugrenzen.

BSG: Es kommt lediglich auf die geplante Aufenthaltsdauer an

"Danach liegt eine vollstationäre Krankhausbehandlung vor, wenn der Patient nach der Entscheidung des Krankenhausarztes mindestens einen Tag und eine Nacht ununterbrochen im Krankenhaus versorgt werden soll", heißt es in dem Kasseler Urteil. Weitere Voraussetzung ist danach die "Eingliederung des Patienten in das spezifische Versorgungssystem des Krankenhauses".

Hier sei eine mehrtätige Krankenhausbehandlung geplant gewesen. Ihr sei ein Bett zugewiesen worden und sie habe Verpflegung bekommen. Nach dem Krankheitsbild sei die Eingliederung in die Krankenhaus-Infrastruktur auch "durchaus nachvollziehbar".

Zweifel an dieser Aufnahmeentscheidung könne die Krankenkasse wegen Verjährung nicht mehr geltend machen.

Dass die Patientin früher als geplant entlassen wurde, ändere jedenfalls nichts an ihrer vollstationären Behandlung. Dies führe lediglich zu einem Rechnungsabschlag, den hier die Klinik auch berücksichtigt habe. (mwo)

Az.: B 3 KR 34/12 R

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