Laktoseintoleranz

Kein Mehrbedarf bei Hartz-IV

Veröffentlicht:

DARMSTADT. Hartz-IV-Empfänger mit Laktoseintoleranz haben keinen Anspruch auf einen ernährungsbedingten Mehrbedarf.

Die verbreitete Unverträglichkeit gegen Milcheiweiß sei nicht mit erhöhten Lebensmittelkosten verbunden, befand das Sozialgericht (SG) Darmstadt in einem aktuell veröffentlichten Urteil.

Es wies damit einen 54 Jahre alten Hartz-IV-Empfänger aus Südhessen ab. Bei seinem Jobcenter hatte er eine Bescheinigung seines Hausarztes eingereicht, wonach bei ihm eine Laktoseintoleranz besteht. Gestützt darauf beantragte er einen Mehrbedarf für eine laktosefreie Ernährung.

Das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel hatte 2013 entschieden, dass dies jedenfalls nicht ausgeschlossen ist, nur weil die Laktoseintoleranz im offiziellen Katalog der Mehrbedarfe nicht aufgeführt ist.

Allerdings müsse zunächst geklärt sein, in welcher Höhe tatsächlich Mehrkosten bestehen.In dem nun vom SG Darmstadt entschiedenen Fall hatte das Jobcenter solche Mehrkosten gänzlich verneint. Laktosefreie Produkte gebe es inzwischen auch günstig beim Discounter. Ein Mehrbedarf könne nur anerkannt werden, wenn der Hilfeempfänger unter einem massiven Untergewicht leide und bei der Ernährungsumstellung ein Gewichtsverlust ausgeglichen werden müsse.

Dem ist das SG nun im Ergebnis gefolgt. Allerdings seien spezielle Diätprodukte gar nicht erforderlich, betonten die Darmstädter Richter. Nach dem aktuellen Stand der Ernährungswissenschaft reiche es bei einer Laktoseintoleranz aus, bestimmte Nahrungsmittel einfach wegzulassen.

In geringen Mengen verursache Laktose meist keine Beschwerden. Daher könne auch der Kalziumbedarf in der Regel durch Milchprodukte gedeckt werden, die nur sehr geringe Mengen an Laktose enthalten, etwa reifer Käse.Anderes könne nur in Ausnahmefällen gelten.

Als Beispiel nannte das SG nicht das vom Jobcenter angeführte Untergewicht, sondern eine sehr starke Laktoseunverträglichkeit, bei der der Kranke gar keinen Milchzucker zu sich nehmen darf.

Persönliche Vorlieben, etwa für laktosefreie Schokolade, könnten einen Mehrbedarf dagegen nicht rechtfertigen.Gegen dieses jetzt schriftlich veröffentlichte Urteil hat der Hartz-IV-Empfänger bereits Berufung zum Hessischen Landessozialgericht in Darmstadt eingelegt. (mwo)

Az.: S 20 AS 331/14

Mehr zum Thema
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Wo lang im Gesundheitswesen? Der SVR Gesundheit und Pflege empfiehlt mehr Richtungspfeile für alle Akteure.

© StefanieBaum / stock.adobe.com

Sachverständigenrat Gesundheit und Pflege

Gesundheitsweise empfehlen Primärversorgung für alle – und Quotierung der Weiterbildung

„Wenn die Politik Wissenschaftlern sagen würde, wir wollen dieses oder jenes Ergebnis, ist das Propaganda.“ Klaus Überla – hier im Treppenhaus seines Instituts – über Einmischungen aus der Politik.

© Patty Varasano für die Ärzte Zeitung

Interview

STIKO-Chef Überla: RSV-Empfehlung kommt wohl bis Sommer

Dr. Iris Dötsch Fachärztin für Innere Medizin, Diabetologin und Ernährungsmedizinerin hat die Hauptstadtdiabetologinnen, eines neues Netzwerk für Frauen in der Diabetologie, gegründet.

© snyGGG / stock.adobe.com

Hauptstadtdiabetologinnen

Ein Netzwerk für Diabetologinnen