Biotech

DBI weckt Phantasie mit Sepsis-Kandidat

Drei Projekte bearbeitet das Berliner Start-up Deutsche Biotech Innovativ AG, ein viertes wird vorbereitet. Geschäftsmodell: Die frühe klinische Entwicklung bis zur Phase II. Danach soll Big Pharma übernehmen.

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HENNIGSDORF. Um deutsche Biotech-Erfolge ist es in den vergangenen Jahren eher still geworden. Auch an der Börse. Die Deutsche Biotech Innovativ AG (DBI) könnte das ändern. Das in Hennigsdorf nordwestlich Berlins ansässige und an der Düsseldorfer Börse notierte Start-up schickt sich an, mit einer Kapitalerhöhung breitere Anlegerkreise für seine Projekte zu interessieren.

Lediglich 1,45 Prozent der DBI-Aktien sind bis dato in Streubesitz, der Rest wird zu gleichen Teilen von den drei Firmengründern gehalten. Nach der Kapitalerhöhung - die Frist für die öffentliche Zeichnung begann am 29. Oktober und dauert noch bis 11. November - soll der Streubesitz auf 39 Prozent anwachsen.

Der Anteil der Firmengründer verringert sich dann auf jeweils rund 20 Prozent. Bis zu 20 Millionen Euro könnten dem Unternehmen aus der Kapitalmaßnahme zufließen, hofft CEO Dr. Bernd Wegener. Rund 500.000 Anteilsscheine würden öffentlich platziert, der Ausgabepreis beträgt 33,50 Euro je Aktie.

Hoffnungsträger Adrecizumab

Mit dem Geld sollen laufende Entwicklungsprojekte finanziert werden, allen voran der Wirkstoff-Kandidat Adrecizumab, ein monoklonaler Antikörper gegen Sepsis. Rund 8,7 Millionen Euro seien hierfür vorgesehen, erläutert Wegener im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung".

Damit lasse sich Adrecizumab bis zum Ende der klinischen Prüfphase II bringen. Im Erfolgsfall soll der rekombinante Wirkstoff dann an einen großen Pharmahersteller auslizenziert werden. Angesichts der Marktbedeutung, die ein Sepsis-Medikament hätte, seien Vorabzahlungen von bis zu 400 Millionen Euro nicht unrealistisch, ist der Firmenchef überzeugt.

Pro Jahr sterben weltweit acht Millionen Menschen an Sepsis, doch derzeit gebe es keinen zugelassenen Wirkstoff gegen Blutvergiftung, 2011 nahm Eli Lilly sein Sepsis-Medikament Xigris™ (Drotrecogin alfa) wegen mangelnder Wirksamkeit weltweit vom Markt. Allein in den USA, rechnet Wegener den Bedarf vor, verursache die Blutvergiftung jährliche Behandlungskosten von circa 20 Milliarden Dollar.

Blutanalysen von Patienten, die eine Sepsis überlebten, hätten das körpereigene Peptid Adrenomedullin als mögliches Target identifizieren lassen, erklärt Wegener. Bei Sepsis komme es infolge eines Adrenomedullin-Überschusses zu einer Gefäßerweiterung, die verminderte Durchblutung und damit einen gefährlichen Blutdruckabfall bis zum Übergang in den septischen Schock nach sich ziehe.

Adrecizumab sei ein modulierender Antikörper, der selektiv an Adrenomedullin binde und dessen Bioaktivität auf ein für Sepsis-Patienten verträgliches Maß reduzieren könnte. Der gefürchtete septische Schock bliebe aus und Ärzte hätten länger Zeit, die Infektion zu bekämpfen.

In Tierversuchen habe sich diese Hypothese mit einer um die Hälfte verringerten Sterblichkeit bestätigt, versichert Wegener. Noch Ende dieses Jahres soll eine Phase-I-Studie starten, das Genehmigungsverfahren dafür läuft. Bei entsprechendem Projektfortschritt soll Phase II in der zweiten Jahreshälfte 2016 beginnen.

"Wir sind guten Mutes, etwas vielversprechendes in der Hand zu haben", so Wegener. Einige Pharmafirmen hätten bereits bei der DBI angeklopft, um sich frühzeitig Rechte an dem Antikörper zu sichern. "Doch wir wollen das Risiko der weiteren Entwicklung selbst eingehen, um uns eine gute Verhandlungsposition zu sichern".

Drei weitere Eisen im Feuer

Neben Adrecizumab nennt Wegener noch drei weitere Pipeline-Kandidaten, die man mithilfe der Kapitalerhöhung voranbringen will:

DB1RA, so der Arbeitsname, sei ein Neurokinin-1-Rezeptor-Blocker, der zur Brustkrebsprävention bei Hochrisikopatienten dienen könnte. Aktuell befindet sich der Wirkstoff noch in der Präklinik. 4,4 Millionen Euro sollen zur Überführung in die Phase I investiert werden.

Ebenfalls in der Indikation Krebs tritt der Antikörper AB2302 an. Wie bei dem Sepsis-Projekt heißt das Target auch hier Adrenomedullin, allerdings, wie Wegener betont, "in einer total blockierenden Variante". Das Konzept: Durch die Hemmung von Adrenomedullin wird die Blutversorgung des Tumors unterbunden.

AB2302 soll in Kombination mit einem VEGF-Hemmer eingesetzt werden. Zwei Millionen Euro will Wegener aus der Kapitalerhöhung für die weitere Entwicklung reservieren. Auch AB2302 ist derzeit in der Präklinik, nach deren Abschluss der Wirkstoff verkauft werden soll. Mehrere Interessenten seien bereits vorstellig geworden, so der Firmenchef, der für dieses Programm Vorabzahlungen in wenigstens zweistelliger Millionenhöhe in Aussicht stellt.

Außerdem soll noch dieses Jahr ein zweites Entwicklungsprojekt zur Sepsis-Therapie aufgesetzt werden. Dabei handele es sich darum, einen die Blutvergiftung stark unterstützenden Stoff extrakorporal zu binden und auszuwaschen.

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