Phytopharmaka

Bionorica sieht Chancen mit Cannabis

Bionorica hat 2016 sein Wachstum fortgesetzt und deutliche Marktanteilsgewinne verzeichnet. Vor Beginn der Abgabe von Cannabis auf BtM-Rezept sieht sich das Unternehmen in der Pole-Position.

Hauke GerlofVon Hauke Gerlof Veröffentlicht:

DÜSSELDORF. 800.000 Patienten, die vom Cannabis-Einsatz vor allem in der Schmerztherapie profitieren könnten, sehen Experten – aber wie viele davon werden den Wirkstoff Dronabinol, ein Cannabinoid-Extrakt, oder Cannabis-Blüten tatsächlich von Ärzten auf BtM-Rezept erhalten? Mit Hochspannung blickt Bionorica, einer der großen Phytopharmakahersteller in Deutschland, auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens des "Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften", voraussichtlich Mitte März.

Für Patienten, die den Wirkstoff benötigen, sei das Gesetz "ein Meilenstein", auch international, weil jetzt andere Länder folgen könnten,betonte Professor Michael Popp, Vorstandsvorsitzender und Eigner des in Neumarkt in der Oberpfalz ansässigen Mittelständlers, bei der Bilanzpressekonferenz des Unternehmens in Düsseldorf.

Vorreiterrolle für Bionorica

Bionorica nehme auf diesem Gebiet eine Vorreiterrolle ein. Seit 2002 ist Bionorica mit Dronabinol auf dem Markt. "Jahrelang haben wir draufgezahlt, erst seit 2014 bieten wir den Wirkstoff rentabel an", erläuterte Popp.

Bionorica in Zahlen

Nettoumsatz 2016: 253,7 Millionen Euro (plus 2,8 Prozent im Vorjahresvergleich)

Exportanteil bei Packungen: 68 Prozent (plus 2,1 Punkte)

Zahl der Mitarbeiter: 1532 (plus 4,0 Prozent)

Eigenkapitalquote: 76,7 Prozent

"Wir sind in der Lage, sehr viele Patienten zu versorgen", zeigte sich Popp optimistisch. Bei Bionorica schätzt man, dass mittelfristig etwa 40.000 Patienten, vor allem solche mit chronischen Schmerzen, mit Cannabis-Blüten oder -extrakt von Ärzten versorgt werden. Die gerade neu konstituierte staatliche Cannabisagentur rechnet dagegen bisher lediglich mit 1000 Patienten.

Die monatlichen Therapiekosten je Patient betragen nach Angaben des Marketing-Vorstands Dr. Uwe Baumann zwischen 250 und 600 Euro. Die derzeit noch teureren Blüten wolle Bionorica nicht anbieten, betonte Popp, weil die korrekte Dosierung des Wirkstoffs damit nicht gewährleistet werden könne. Dennoch will der Phytospezialist, der Cannabis in Österreich selbst anbaut, Marktführer in diesem Segment werden. Für Bionorica könnte das Umsatzpotenzial in der Größenordnung eines zweistelligen Millionenbetrages liegen.

Mit seinem traditionellen Phyto-Portfolio ist Bionorica 2016 ordentlich gewachsen. Der Umsatz erreichte knapp 254 Millionen Euro, 2,8 Prozent mehr als im Vorjahr. In fast allen Märkten habe der Marktanteil des Unternehmens weiter erhöht werden können. Mit einem Plus von 5,7 Prozent im Apothekenabverkauf sei Bionorica in Deutschland erneut schneller gewachsen als der Wettbewerb. So habe der OTC-Markt insgesamt um 2,3 Prozent über Vorjahr gelegen, der Phytomarkt um 0,7 Prozent. Der Bionorica-Anteil am Phytomarkt in Deutschland habe bei 14,4 Prozent gelegen, nach 13,7 Prozent im Jahr 2015. Kontinuierliche Marktanteilsgewinne habe Bionorica in Deutschland vor allem mit Sinupret®extract, Bronchipret®, Imupret®, aber auch mit Canephron® erzielt.

Zum zweiten Mal in Folge und trotz nur sehr milder Grippewelle im vergangenen Jahr sei der Umsatz von Bionorica in Deutschland über der 100-Millionen-Euro-Marke gelandet. Sehr gut abgeschnitten habe das Unternehmen auch in den großen Märkten in Osteuropa: Absatzrekord in Russland, plus 30 Prozent in Polen. Allerdings habe Bionorica vor allem in Russland und der Ukraine stark unter dem gesunkenen Wechselkurs gelitten, der nicht über steigende Preise ausgeglichen worden sei, um für die Patienten in diesen Ländern erschwinglich zu bleiben.

Grippewelle treibt die Umsätze 2017

Aufgrund von hohen Investitionen in die Forschung und aufgrund der Währungsverluste sei der Gewinn 2016 allerdings um "etwa ein Drittel" eingebrochen. Traditionell nennt das Familienunternehmen keine Gewinnzahlen.

Für dieses Jahr sieht sich das Unternehmen bestens positioniert, nicht nur aufgrund der Gesetzesänderung bei der Cannabisabgabe. Die jüngste, im Vergleich zu 2016 stärkere Grippewelle habe die Umsätze mit Atemwegspräparaten in den ersten Monaten stark nach oben schnellen lassen. Bei den Exporten nach Russland erhofft man sich nach zuletzt stabilisierten Ölpreisen und damit auch Rubelkursen zumindest "ein Zwischenhoch".

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