Kampf gegen Betrug und Korruption

Direkter Draht von KVen zu Staatsanwalt und Co.

Schwarze Schafe unter den Ärzten sollen es künftig schwerer haben, unentdeckt und ohne Androhung von Sanktionen weiterarbeiten zu können. Denn geht es nach dem Saarland, dann erhalten die KVen künftig einen direkten Infodraht zu den Strafverfolgungsbehörden.

Von Michael Kuderna Veröffentlicht:
Nicht nur bei Korruption - der neue Infofluss ist für die KVen auch in Sachen Regresse interessant.

Nicht nur bei Korruption - der neue Infofluss ist für die KVen auch in Sachen Regresse interessant.

© Eisenhans / fotolia.com

SAARBRÜCKEN. Zur Bekämpfung von Betrug und Korruption im Gesundheitswesen plant die Politik neue Maßnahmen.

Dazu gehören ein geregelter und früher Informationsaustausch zwischen Strafverfolgungsbehörden und Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen). Dabei will das Saarland vorangehen.

Konkreter Ansatzpunkt ist die "Anordnung über Mitteilungen in Strafsachen", kurz MiStra. Diese bundesweit gültige Verwaltungsvorschrift regelt die Weitergabe von Informationen aus der Justizverwaltung an Dritte.

Der Abschnitt 26 erfasst dabei Strafsachen unter anderem gegen Ärzte, Apotheker, Psychotherapeuten, Heilpraktiker und Hebammen, wenn eine Verletzung von Berufspflichten in Rede steht oder der Tatvorwurf "in anderer Weise geeignet ist, Zweifel an der Eignung, Zuverlässigkeit oder Befähigung hervorzurufen".

Widerstand aus Hessen

Mitgeteilt werden müssen Haftbefehle, die Anordnung oder Aufhebung eines Berufsverbots, die Klageerhebung und der Ausgang entsprechender Verfahren. Adressaten sind Approbations- und andere Behörden sowie Berufskammern.

Das Saarland möchte nun auch die KVen einbeziehen. Nach Angaben von Justiz-Staatssekretärin Dr. Anke Morsch ist allerdings ein entsprechender Vorstoß auf Bundesebene wegen des Einstimmigkeitsprinzips am Widerstand Hessens gescheitert.

Deshalb wolle sie zunächst eine Verwaltungsvorschrift auf Landesebene einführen, die aber Pilotcharakter für eine länderübergreifende Regelung haben solle.

Die KVen haben großes Interesse an einer datenschutzrechtlich sauberen Lösung, etwa um frühzeitig Regressforderungen oder eine Entziehung der Zulassung prüfen zu können.

Bisher erhalten sie zwar in Ermittlungsverfahren oft zwangsläufig Kenntnis über Vorwürfe, wurden aber offiziell nicht einmal über den Ausgang informiert. Auch in Zivil-, Sozial- und Verwaltungsgerichtsverfahren bleibt die KV in der Regel außen vor.

Die Konferenz der Justizminister in Deutschland wird sich in Kürze wohl auch mit einer Vorlage befassen, Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen als Straftatbestand zu regeln.

Dazu haben Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern dem Bundesrat einen gemeinsamen Gesetzentwurf vorgelegt (Drucksache 451/13 vom 30.05.13), der möglicherweise schon am 7. Juni in der Länderkammer erstmals beraten wird.

Strafnorm soll es richten

Eine Woche später tagt die Justizminister-Konferenz im Saarland, das derzeit den Vorsitz inne hat. Die Bundesregierung scheint dagegen eine Strafnorm im Sozialgesetzbuch zu präferieren.

Hintergrund dieser Aktivitäten ist ein Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem vergangenen Jahr, wonach Kassenärzte keine Amtsträger sind und als Freiberufler bei der Annahme von Vorteilen derzeit nicht dem Bestechungsparagrafen des Strafgesetzbuches unterliegen.

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 05.06.201310:20 Uhr

"Lex spezialis" ausschließlich gegen Ärzte?

Da muss selbst ich unserem Bundesärztekammer-(BÄK)-Präsidenten, Prof. Dr. med. Frank Ulrich Montgomery, ausdrücklich Recht geben mit seinem Satz: „Wir lehnen eine gesetzliche Regelung ab, wenn sie als lex spezialis gegen Ärzte gemacht wird“ (http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/53004).

Denn so lange es im "Kampf gegen Betrug und Korruption" k e i n e direkten Drähte zwischen Strafverfolgungsbehörden wie Staatsanwaltschaft und Polizei zu den örtlichen Handwerks- bzw. Industrie- und Handelskammern oder Architekten- und Rechtsanwaltskammern gibt, liegt hier eine rechtswidrige, gezielte Diskriminierung und Stigmatisierung von Ärztinnen und Ärzten vor.

Ich erinnere nur daran, dass Hilfsmittel, Arzneimittel, Heilmittel und Pflege im Zusammenhang mit gefälschten Rezepten, Schein-Behandlungen und manipulierten Rechnungen die TOP-4 der Betrugsvorgänge bei einer DAK-Studie von 2012 waren. Diese GKV- Kasse holte sich insgesamt 1,6 Millionen € zurück. Die durch Ärzte verursachte Schadenshöhe von 8 % der Gesamtsumme lag erst an 5. Stelle.
Die KKH Allianz hatte 2011 im GKV-Geschäftsbereich eine Gesamtschadenssumme von 934.000 Euro bei 589 Fällen. Am häufigsten waren Physiotherapeuten, dann Apotheken und häusliche Pflege in Betrugsvorgänge verwickelt. Ärzte standen damals an vierter Stelle. Bei den errechneten Schadenssummen führten stationäre Behandlungen, Apotheken und Physiotherapie die Liste an.
http://www.aerztezeitung.de/praxis_wirtschaft/article/806466/lasche-betrugskontrolle-durch-kven.html

Die Implementierung einer Strafrechtsnorm in das Sozialgesetzbuch, wie es die Bundesregierung vorhat, ist eine juristische Farce. Es verstößt gegen den Gleichheitsgrundsatz, wenn ausschließlich GKV-Vertragsärzte inkriminiert werden, Privatärzte und andere Branchen dagegen ausgeblendet bleiben. Bei Freiberuflichkeit und Selbstständigkeit einen verschärften Kampf gegen Betrug, Korruption und Vorteilnahme zu etablieren, geht nur und a u s c h l i e ß l i c h über eine Veränderung des Strafrechts. Davon wäre allerdings unmittelbar die Lieblingsklientel der FDP betroffen, die gerade ihre Schwarzgeldkonten in Liechtenstein, Andorra und anderswo auflöst. Deshalb soll die Ärzteschaft als Stellvertrete und Buhmann herhalten.

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

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