Selektivverträge

Teilnahme hängt nicht an Vertragsarztsitz

Das Kartellamt rügte kürzlich zwei Augenarztverträge der AOK Nordost in Brandenburg. Das bedeutet aber noch nicht, dass der Beschluss nun für alle Selektivverträge gilt.

Angela MisslbeckVon Angela Misslbeck Veröffentlicht:
Termin beim Augenarzt: Der Wettbewerb um Patienten in Brandenburg wurde vom Kartellamt geöffnet.

Termin beim Augenarzt: Der Wettbewerb um Patienten in Brandenburg wurde vom Kartellamt geöffnet.

© lightpoet / Fotolia.com

POTSDAM / BONN. Die Rüge des Kartellamtes für zwei augenärztliche Selektivverträge der AOK Nordost dürfte keine bahnbrechende Bedeutung für die Selektivvertragspolitik von Krankenkassen erlangen. Diese Einschätzung treffen die Beteiligten.

"Die Bundeskartellamtsbeschlüsse zu den Augenärzteverträgen in Brandenburg zwischen der AOK Nordost und der Augenärztegenossenschaft Brandenburg (aägb) stellen keinen Paradigmenwechsel für die Gestaltung ärztlicher Selektivverträge dar", so Harald Möhlmann von der AOK Nordost.

Der Vorsitzende der aägb Dr. Dietmar Reinfeld kritisiert den Beschluss als unverhältnismäßig. "Das Bundeskartellamt hat hier mit Kanonen auf Spatzen geschossen, um sich offenbar im Bereich der Selektivverträge zu profilieren", so Reinfeld.

Es sei absurd, von einer spürbaren Wettbewerbsbeschränkung zu sprechen, nur weil sich in einer speziellen Einzelkonstellation ein Arzt in seiner Nebentätigkeit eingeschränkt fühle.

Das Kartellamt sah eine Wettbewerbsbeschränkung darin, dass die Teilnahme an den Verträgen zur Kataraktoperation und zur Behandlung der altersbedingten Makuladegeneration Augenärzten mit Sitz in Brandenburg vorbehalten ist, die Genossenschaftsmitglieder sind.

"Selektivverträge, die die Teilnahme daran knüpfen, in welchem Bundesland ein Arzt seinen Vertragsarztsitz hat, beschränken den Leistungs- und Qualitätswettbewerb zwischen den Ärzten vor Ort. Das geht auch zu Lasten der Patientinnen und Patienten. Das Bundeskartellamt wird daher solche Regelungen konsequent aufgreifen", kündigte Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamts an.

AOK warnt vor zu engen Vorgaben

Die Wettbewerbswächter kritisierten auch, dass operativ tätige Augenärzte, die kein Mitglied der Genossenschaft sind, eine "Kompensationsgebühr" zahlen müssen, wenn sie am Vertrag teilnehmen wollen.

Die Mitgliedschaft in der Genossenschaft setzt wiederum einen Vertragsarztsitz in Brandenburg voraus. Die Verträge und die Satzung der Genossenschaft führen daher aus Sicht des Kartellamts zu einer Wettbewerbsbeschränkung. Die Vertragspartner haben nun angekündigt, die Verträge entsprechend anzupassen.

Der Beschluss des Kartellamtes geht auf eine Beschwerde eines Berliner Arztes zurück. Er ist im Rahmen einer überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft auch in einer Brandenburger Praxis tätig und konnte bisher nicht an den Verträgen teilnehmen, weil er nicht als Brandenburger Arzt galt.

Da eine solche Konstellation jedoch bislang sehr selten ist, dürfte die Entscheidung des Kartellamtes von begrenzter Tragweite in der Versorgungspraxis sein.

Davon geht auch der Vertragsexperte der AOK Nordost, Möhlmann, aus. Er sieht in dem aktuellen Fall keine Behinderung von Selektivverträgen, warnt aber vor zu engen Vorgaben.

Es sei wichtig, dass die Anbieter, die kreative Formen der Zusammenarbeit entwickeln "auch weiterhin ihre Kooperationen selbst bestimmen können und nicht durch zu enge Vorgaben behindert werden".

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Nicht alles geht mehr

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