Studie

Wettbewerb zwischen PKV und GKV treibt Innovationen voran

Ein Gesundheitssystem ohne PKV? Das könnte laut einer Studie des PKV-Verbands zu einer innovationsfeindlichen Trägheit führen. Allerdings nicht nur, weil die Private Krankenversicherung Innovationen schneller erstattet.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Innovationstreiber PKV? – Das funktioniert gerade auch deshalb, weil man sich gegen den engeren Leistungskatalog der GKV abgrenzen muss.

Innovationstreiber PKV? – Das funktioniert gerade auch deshalb, weil man sich gegen den engeren Leistungskatalog der GKV abgrenzen muss.

© alphaspirit / fotolia.com

KÖLN. Der Systemwettbewerb zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung trägt in Deutschland dazu bei, dass Patienten einen schnellen Zugang zu Innovationen haben. Die Versicherten von GKV und PKV profitieren von positiven Neuerungen im jeweils anderen System. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Untersuchung des PKV-Verbands. "Letztlich schützt der Innovationswettbewerb nicht nur vor Leistungskürzungen, sondern auch vor innovationsfeindlicher Trägheit", heißt es dort.

Es erstaunt nicht, dass die Autoren Dr. Norbert Loskamp, Dr. Timm Genett, Daniel Schaffer und Dr. Frank Schulze Ehring – alle Mitarbeiter des PKV-Verbands – die PKV in der Rolle des Innovationsmotors sehen. Bei ihr sei eine schnelle und häufig überproportionale Finanzierung und Erstattung medizinischer Innovationen die Regel, schreiben sie in der Untersuchung "Medizinisch-technischer Fortschritt als Ergebnis des Systemwettbewerbs zwischen GKV und PKV".

Selekttivvertrag als Ausnahmefall

Allerdings könnten bei den Privaten tarifabhängige Ausnahmen bestehen. In der GKV sei es umgekehrt. "Der verlangsamte Zugang zu Innovationen und das unterproportional niedrige Finanzierungsniveau sind die Regel, die im Ausnahmefall, zum Beispiel durch selektive Verträge, durchbrochen werden kann."

Der PKV-Verband sieht zwei Vorteile aufseiten der Privaten. Zum einen fehlen in der PKV Zugangshürden wie der Genehmigungsvorbehalt durch den Gemeinsamen Bundesausschuss. Zum anderen honoriert die PKV über die Gebührenordnungen für Ärzte (GOÄ) und für Zahnärzte die meisten neuen Leistungen besser, Verordnungsbeschränkungen gibt es nicht. "Durch die PKV entsteht damit eine Mischfinanzierung, die den Anbietern von medizinischen Innovationen ein betriebswirtschaftlich vertretbares Investment erleichtert oder dieses Investment überhaupt erst ermöglicht." Gerade im ambulanten Sektor schlagen laut der Untersuchung die Vorteile der PKV durch. Die Möglichkeit der Analogabrechnung erlaube es Ärzten, neue Behandlungsmöglichkeiten direkt abzurechnen. "Dies gilt auch für die von PKV und Bundesärztekammer angestrebte Novellierung der GOÄ", betonen die Autoren. Nach der gemeinsamen Rahmenvereinbarung soll das Instrument der Analogbewertung in der neuen GOÄ fortgeschrieben werden.

Als Beispiele für Innovationen, die Versicherten in der PKV früher und umfassender zugänglich sind oder waren als in der GKV, nennt die Untersuchung die Positronen-Emissions-Tomographie, die Kapselendoskopie, die optische Kohärenztomographie, den Genexpressionstest bei Brustkrebs,die Computertomographie des Herzens, die Messung der Fraktionellen Flussreserve und die Diagnostik des Prostatakrebs mittels MRT und Fusionsbiopsie.

Das Positive an der Nutzenbewertung

Die Autoren weisen darauf hin, dass die PKV ihrerseits vom System der Nutzenbewertung in der GKV profitiert. Nachweise zur Evidenz von Innovationen kämen auch Privatversicherten zugute – nicht zuletzt, was Qualitäts- und Sicherheitsaspekte angeht. "Im Ergebnis profitiert die GKV im ambulanten Bereich von der frühen und umfassenden Innovationseinführung der PKV, die PKV wiederum von im GKV-System gewonnenen Erkenntnissen zur Evidenz neuer medizinischer Behandlungsmöglichkeiten."

In der stationären Versorgung ist die GKV dem medizinisch-technischen Fortschritt gegenüber relativ offen, für beide Systeme gelten die gleichen Vergütungsregeln, so die Autoren. Dennoch sprechen sie der PKV auch hier eine innovative Rolle zu. Sie liegt vor allem im Mehrumsatz der Kliniken durch wahlärztliche Leistungen und der Erstattung innovativer diagnostischer Verfahren oder Behandlungsmethoden, wenn sie ambulant im Krankenhaus erbracht werden.

Privatpatienten erhalten häufiger innovative Arzneimittel als Versicherte der gesetzlichen Krankenkassen. Das liegt daran, dass Instrumente wie die Richtgrößenprüfungen oder Arzneimittelregresse in der PKV nicht greifen. In der zahnmedizinischen Versorgung schreibt die Untersuchung der PKV bei neuen Behandlungsmethoden und insbesondere beim Zahnersatz eine innovative Rolle zu, im Bereich der Pflege vor allem bei der Pflegeberatung.

Ein Fazit der Untersuchung: "Die PKV ist ein zentraler Wettbewerbsfaktor für einen schnellen und umfassenden Zugang zu Innovationen in Deutschland sowohl für gesetzlich als auch für privat Versicherte."

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