"Adipositaschirurgie muss einheitlich geregelt sein"

BERLIN (gvg). Bauchchirurgen und Gastroenterologen fordern eine geregelte Finanzierung für die Adipositaschirurgie. Derzeit hänge die Finanzierungschance zu sehr von Krankenkasse und Bundesland ab.

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"Morbide Adipositas ist eine tödliche Erkrankung", erinnerte Professor Joachim Müller von Charité Berlin bei der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) in Berlin. Die Adipositaschirurgie sei derzeit für viele Betroffene die einzige Möglichkeit, ihr Körpergewicht und damit ein stark erhöhtes kardiovaskuläres Risiko dauerhaft zu senken.

"Es gibt mehrere spektakuläre Studien, die zeigen, dass die Adipositaschirurgie den Stoffwechsel normalisieren, die Inzidenz von Typ-2-Diabetes senken und sogar die Lebenserwartung erhöhen kann", betonte Professor Burkhard Göke von der LMU München. Wichtig sei die enge Einbettung in eine internistische und psychosomatische Betreuung. "Mit der Op allein ist es nicht getan. Die Patienten brauchen eine lebenslange Nachbetreuung", so Göke.

Bei den adipositaschirurgischen Eingriffen in Deutschland wie in anderen Ländern dominiere weiterhin das adjustierbare Magenband, so Müller. "Das setzt allerdings eine hohe Compliance des Patienten voraus", betonte Göke. Eine gute Alternative, die zusätzlich zur Verkleinerung des oberen Gastrointestinaltrakts die Absorption der Nahrungsbestandteile verringere, sei die Magenverkleinerung mit Roux-Y-Anastomose, bei der das Duodenum proximal als Blindsack endet. "Sehr interessant ist auch die Magenschlauch-Op, bei der endokrinologisch aktive Teile der Magenschleimhaut reseziert werden. Hier ist das letzte Wort hinsichtlich Effektivität und Sicherheit aber noch nicht gesprochen."

Auf Kosten der GKV wurden in Deutschland bisher etwa 1500 Magenbänder angelegt, schätzte Müller. Die Finanzierung muss derzeit individuell mit den Kassen abgesprochen werden. Das führe dazu, dass sehr unterschiedlich verfahren werde. So seien die Chancen eines Adipositas-Patienten in Berlin auf Finanzierung eines operativen Eingriffs wesentlich geringer als etwa in Bayern. "Bundesweit werden im Moment trotz klarer Indikationsstellung acht von zehn Anträgen auf Kostenerstattung abgelehnt", so Müller.

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