CT soll kardiovaskulären Risiko-Check präzisieren

MÜNCHEN (gvg). Der PROCAM-Score für die Abschätzung des kardiovaskulären Risikos ist mittlerweile etabliert. Moderne Computertomographie (CT) und ausgefeilte Labordiagnostik sollen die Risikoabschätzung noch präziser machen. Damit, so argumentieren Befürworter, lasse sich vielleicht sogar Geld sparen.

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Der Score basiert auf Ergebnissen der PROCAM (Prospektive Cardiovaskuläre Münster) -Studie. Er unterscheidet bei primär asymptomatischen Patienten ohne bekannte koronare Herzerkrankung je nach Vorliegen und Ausprägung von insgesamt acht kardiovaskulären Risikofaktoren die drei Risikoklassen "niedrig" (etwa 75 bis 85 Prozent der Bevölkerung), "mittelgradig" (etwa 10 Prozent) und "hoch" (7,5 Prozent der Männer und drei Prozent der Frauen).

Bestimmt wird der koronare Calcium-Score mit CT

"Moderne Techniken wie die Bestimmung des koronaren Calcium-Scores mit Mehrschicht-CT ermöglichen heute aber eine viel präzisere Risikostratifizierung", sagte Professor Gerd Assmann von der Uni Münster. Auf dem Europäischen Kardiologenkongreß in München präsentierte er deshalb eine Erweiterung des PROCAM-Scores, die den koronaren Calcium-Score miteinbezieht, außerdem die Werte für Homocystein, für Lipoprotein a, für CRP und elf genetische Marker (wir berichteten).

Für den koronaren Calcium-Score wird der Kalkgehalt der Koronargefäße radiologisch mit CT bestimmt. Als Risikopatient gilt der, bei dem der Wert oberhalb der alters- und geschlechtskorrigierten 75. Perzentile liegt. Es handelt sich also um einen relativen Wert im Vergleich zu dem einer Gesamtpopulation. Die Festlegung auf die 75. Perzentile stammt aus retrospektiven Studien.

"Kristallklare, prospektive Daten gibt es dazu noch nicht", sagte Assmann in München auf einer Veranstaltung des Unternehmens Siemens Medical Solutions. Er hält die Datenlage dennoch für robust genug, um das Verfahren einzusetzen.

Assmann hält es für diskussionswürdig, eine CT-Untersuchung zumindest jenen 15 bis 25 Prozent der Bevölkerung zu empfehlen, deren kardiovaskuläres Risiko im Standard-PROCAM-Score im mittleren oder hohen Bereich liegt. Befindet sich ein solcher Patient mit seinem Calcium-Score jenseits der 75. Perzentile und liegt zusätzlich mindestens ein weiterer der "neuen" Risikofaktoren vor, dann würde ein Patient mit mittlerem Risiko hochgestuft in die Risikoklasse "hoch", und ein Patient mit vorher hohem Risiko rutschte in die neu geschaffene Risikoklasse "sehr hoch".

Bei sehr hohem Risiko liegt der LDL-Zielwert unter 70 mg/dl

Das hätte unmittelbare therapeutische Konsequenzen: Bei hohem Risiko lautet das Ziel für das LDL-Cholesterin 100 mg/dl und weniger. Bei Patienten mit sehr hohem Risiko wird basierend auf den beiden Studien PROVE-IT und HPS ein Maximalwert von 70 mg/dl empfohlen.

Den Einwand, daß er mit diesem Vorschlag das Gesundheitssystem an den Rande eines finanziellen Zusammenbruchs treibe, läßt Assmann so nicht gelten. Denn gespart werden könne an anderer Stelle: "Wenn Ärzte die Risikostratifizierung nach dem PROCAM-Score systematisch anwendeten, dann könnte auf Statine bei einem Teil der Menschen, die sie heute bekommen, verzichtet werden", so Assmann. Denn bei Menschen mit einem niedrigen kardiovaskulären Risiko genügt ein LDL-Wert von 160 mg/dl, der von vielen, denen Ärzte heute prophylaktisch einen CSE-Hemmer verschreiben, auch ohne diesen erreicht werde.

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