Enthält die Nase besondere Zusatz-Antennen für Pheromone?

DRESDEN (bib). Säugetiere nehmen als Pheromone bezeichnete Botenstoffe mit Hilfe des vomeronasalen Organs in der Nase wahr. Auch im Nasenseptum von Menschen wurde das Organ gefunden. Allerdings: Funktionell scheint es hier eher unbedeutend zu sein. Pheromonsignale werden durch das normale Riechepithel weitergeleitet.

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Bei Säugetieren bestimmen durch das vomeronasale Organ wahrgenommene Pheromone das Sozialverhalten. Wie groß der Anteil der Menschen mit diesem Organ ist, haben Kollegen in Dresden untersucht. In ihren Untersuchungen fanden Dr. Michael Knecht von der Hals-Nasen-Ohren-Klinik der Universität und seine Kollegen bei 65 Prozent von 173 Probanden einen Ductus vomeronasalis (VND, Jacobsonsches Organ).

Die drei bis 47 Millimeter lange Vertiefung, die bei 45 Prozent beidseits vorkam, lag fast symmetrisch, im Mittel 27 mm vom Naseneingang und 9 mm vom Nasenboden entfernt (Nervenarzt 74, 2003, 858).

"Der VND ist von Rezeptorzellen ausgekleidet, deren Axone sich zum Nervus vomeronasalis vereinigen, der zum akzessorischen Bulbus olfactorius zieht", so Knecht. Menschliche Embryonen besäßen VND, die denen anderer Säuger ähnelten und LHRH produzieren. Doch nach dem achten Fetalmonat läßt sich der zugehörige Nerv nicht mehr nachweisen.

Auch immunhistochemische Untersuchungen am VND von Leichen erbrachten keine Hinweise auf umgebende Nervenbahnen, wenngleich sich dort hochdifferenziert erscheinendes Epithel mit bipolaren Zellen fand. Obwohl in Biopsien jüngerer Probanden mehr Zellen für Nerven-Marker positiv waren, erscheint den Forschern fragwürdig, daß der VND eine neuronale Funktion hat.

Zumal es nur eine Arbeitsgruppe schaffte, dort mit Duftstoffen, die olfaktorisch nicht wahrnehmbar sind, elektrische Signale auszulösen. Andere konnten das nicht reproduzieren. Knecht: "In eigenen Versuchen ist es bisher nicht gelungen, mit Pheromonen oder anderen Reizstoffen elektrische Potentiale aus dem VND abzuleiten, die sich von den Antworten unterscheiden würden, die auch auf der Regio respiratoria gemessen werden können."

Daß Pheromone menschliches Verhalten beeinflussen können, bezweifelt er nicht. Bekannt sei, "daß sich der Zyklus von Frauen angleicht, die eng zusammenleben. Der gleiche Effekt wird erzielt, wenn Frauen lediglich ein Extrakt von Körpersekret einer anderen Frau regelmäßig auf die Oberlippe gegeben wird."

Für die Weiterleitung an das ZNS sorge aber vermutlich das normale Riechepithel. Dafür spricht, daß ähnliche Gene, die andere Säuger mit funktionsfähigen VND exprimieren, bei Menschen im olfaktorischen Epithel vorkommen. Außerdem konnte Knecht in Riechtests mit Alltagsduftstoffen sowie dem Pheromon Androstenon - es ist etwa bei Schweinen für den Stillhaltereflex des Weibchens bei der Besamung bedeutsam - bei erwachsenen Menschen keine Unterschiede in der Wahrnehmung feststellen, wenn sie den VND mit Latex abdeckten.

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