Paradox: Wer jung und arm ist, raucht mehr als je zuvor

BERLIN (HL). Offiziell werten das Bundesgesundheitsministerium und die Drogenbeauftragte Marion Caspers-Merk die Tabaksteuererhöhung als "gesundheitspolitischen Erfolg".

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Tatsache ist aber: Raucher sind weitgehend unempfindlich gegen Preiserhöhungen. Knapp acht Prozent der Raucher haben die letzte Tabaksteuererhöhung zum Anlaß genommen, mit dem Rauchen aufzuhören. Die Steuererhöhung, so Staatssekretärin Caspers-Merk in einer Pressemitteilung, sei "ein wirkungsvolles Instrument".

Die Evidenz, wie sie aus einer Repräsentativumfrage im Auftrag des Berliner Bundesgesundheitsministeriums hervorgeht, sieht anders aus. So sind die Preise als Folge der Steuererhöhung um 14,3 Prozent bei Zigaretten aus Automaten und um 12,5 Prozent im Handel gestiegen. Der Verbrauch von Zigaretten sank nach Angaben der Befragten um 1,23 Prozent.

Was die Drogenbeauftragte völlig verschweigt: Bei Rauchern unter 25 Jahren und bei einkommensschwächeren Personen zeigt sich ein Phänomen, das in der Theorie der mikroökonomischen Analyse als Giffen-Paradoxon bekannt ist. Bei steigendem Preis erhöht sich die Nachfrage.

Bei den jüngeren Rauchern ist der Zigarettenverbrauch von Februar bis Juli (den beiden Zeitpunkten der Erhebung) um fast 4,7 Prozent auf 13,9 Zigaretten pro Tag gestiegen. Bei den Einkommensschwächeren stieg er um 1,4 Prozent auf 16,6 Zigaretten. Ursache: Beide Gruppen sind zu billigeren Zigaretten oder zum Feinschnitt gewechselt.

Völlig offen läßt der Bericht die große Diskrepanz zwischen dem nur geringfügig gesunkenen Konsum und dem um 26,2 Prozent gesunkenen Bezug von Banderolen für versteuerte Fertigzigaretten im zweiten Quartal. Zum Teil geht dies zurück auf mehr Konsum von Feinschnitt. Ein anderer Teil erklärt sich aus dem blühenden Schwarzmarkt.

Die Originalstudie ist verfügbar unter: www.drogenbeauftragte.de

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