Personalisierte Krebsmedizin nimmt deutlich an Fahrt auf

In der Krebsmedizin bestimmen molekulare Marker immer stärker die Wahl der Therapeutika.

Philipp Grätzel von GrätzVon Philipp Grätzel von Grätz Veröffentlicht:

BERLIN. Lange war sie nur eine Vision. Doch derzeit sieht es so aus, als nehme die personalisierte Krebsmedizin deutlich an Fahrt auf. Beim Europäischen Onkologenkongress in Berlin forderten jetzt Experten mehr Diagnostik, eine bessere Finanzierung und intelligentere Studien- designs.

Spätestens seit der Zulassung der Arznei Gefitinib für die Behandlung von Patienten mit nicht-kleinzelligem Lungenkrebs sei klar, dass die an individuellen molekularen Merkmalen orientierte Therapie in der Onkologie zu einem neuen Therapieparadigma werde, so Professor Michael Hallek von der Uniklinik Köln.

Gefitinib wirkt nur bei jenen Lungenkrebspatienten, die eine aktivierende Mutation im Rezeptor des epithelialen Wachstumsfaktors haben. Diese Mutation existiert nur bei 10 bis 15 Prozent der Patienten. Hallek: "Wenn sie vorliegt, dann beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass Gefitinib wirkt, 90 Prozent. Bei Patienten ohne diese Mutation ist die Substanz dagegen wirkungslos."

Die Behörden haben die Konsequenz gezogen und die kürzlich erteilte Zulassung für Gefitinib an den Nachweis dieser Mutation gekoppelt. Ähnliche molekular bedingte Einschränkungen der Anwendung gibt es beim Kolorektal-Ca für Cetuximab und Panitumumab und bei Brustkrebs für Trastuzumab.

Hallek machte darauf aufmerksam, dass die Entwicklung hin zu Therapien für Subgruppen von Patienten die Onkologie fundamental verändern werde.

Unmittelbare Konsequenzen habe das für das Design klinischer Studien. "Sie werden kleiner und handhabbarer", so Hallek. Das setze freilich voraus, dass Biomarker bei der Entwicklung von Arzneimitteln in jeder Stufe mit untersucht würden. "Künftig werden wir kaum noch Studien ohne Biomarkerbestimmung haben. Die Diagnostik im Vorfeld einer Therapie wird sehr viel aufwendiger werden."

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