Sekundärer Diabetes: Was bedeutet das eigentlich?

Diabetes bei Endokrinopathien und medikamentös induzierter Diabetes - das sind wichtige sekundäre Diabetestypen. Der Begriff des "sekundären Diabetes" wird zumeist unter "andere spezifische Diabetestypen" zusammengefasst.

Von Prof. Hellmut Mehnert Veröffentlicht:

Natürlich gibt es den pankreopriven Diabetes, der nach Ausfall eines Großteils der insulinproduzierenden Zellen auftritt. Als häufigste Ursachen sind Pankreatitis, Pankreatektomie, Mukoviszidose, Hämochromatose und die Neoplasien anzusehen. Zuerst manifestiert sich die exokrine, dann erst die endokrine Insuffizienz bei Pankreatitiden. Auf die Verursachung dieses Krankheitsbildes durch Alkoholismus sei besonders hingewiesen.

Professur Hellmut Mehnert.

Bei der Hämochromatose kommt es zur Eisenablagerung in der Bauchspeicheldrüse und in der Leber, wodurch der pathologischen Hyperglykämie der Weg bereitet wird. Ein sogenannter hepatogener Diabetes manifestiert sich zumeist erst im Stadium der Leberzirrhose. Zu Recht wurde betont, dass die Lebererkrankung in der Regel dem Diabetes vorausgeht und nicht umgekehrt. Es sollte besonders auf die gefährlichen protrahierten Hypoglykämien nach Alkoholkonsum bei Leberzirrhose geachtet werden.

Beim Diabetes mellitus bei Endokrinopathien dominieren Akromegalie, Morbus Cushing oder Cushing-Syndrom, Phäochromozytom, Glukagonom, Hyperthyreose und Hyperaldosteronismus. Der diabetesfördernde Effekt des Wachstumshormons ist seit langem bekannt und manifestiert sich besonders in der Akromegalie. Aber auch die exogene Gabe des Hormons kann zu einer vorzeitigen Manifestation eines Typ-2-Diabetes führen.

Natürlich ist bei Überproduktion von Cortisol durch die Nebennierenrinde oder einer längeren Behandlung mit solchen Steroiden mit einem Diabetes zu rechnen. Letzterer hat unterschiedliche Auswirkungen je nach Dosis, Dauer der Behandlung und Prädisposition zu einem Diabetes (im Sinne des Vorstadiums eines Prädiabetes).

Beim eigentlichen Morbus Cushing, bedingt durch ein Hypophysenadenom, oder auch bei ektopischer ACTH-Sekretion - zum Beispiel bei Neoplasien infolge eines Bronchialkarzinoms - ist natürlich eine Überproduktion von Cortisol von Bedeutung für die Auslösung eines Diabetes. Etwa 80 Prozent aller Patienten mit einem Cushing-Syndrom entwickeln eine Glukoseintoleranz, aber nur ein relativ kleiner Teil entwickelt einen Diabetes, obwohl sich regelhaft eine Insulinresistenz findet.

Das Glukagonom ist eine sehr seltene Erkrankung, die zu Hyperglykämien führt, ebenso wie das häufigere Phäochromozytom, bei dem es durch die vermehrte Katecholaminsekretion in knapp 40 Prozent zu einer Glukoseintoleranz kommt. Ein manifester Diabetes wird eher selten beobachtet.

Wichtig sind die medikamentös induzierten Diabetesfälle, wobei auf den besonders bedeutsamen Steroiddiabetes schon hingewiesen wurde. Einen Schwellenwert, etwa 5 oder 10 mg Prednisolon, anzugeben, ist aus den genannten Gründen und den erwähnten modifizierenden Faktoren nicht sehr hilfreich.

Thiaziddiuretika wurden als Auslöser eines sogenannten Thiaziddiabetes erkannt, wobei die Ursache wohl nicht nur in einer Insulinsekretionsstörung liegen dürfte. Bei den derzeit verwendeten Diuretika - vor allem bei der jetzt deutlich niedrigeren Dosierung der Substanzen - sind eigenständige Diabeteserkrankungen äußerst selten, wie man sagen muss, dass ohne prädiabetische Veranlagung wohl kaum ein Thiaziddiabetes auftritt.

Auch Betablocker wirken leicht diabetogen, was aber auch dosisabhängig ist und bei neueren Präparaten seltener auftritt.

Professor Hellmut Mehnert

Diabetologie, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten - diesen Themen widmet sich Professor Hellmut Mehnert seit über 50 Jahren. 1967 hat Mehnert die weltweit größte Diabetes-Früherfassungsaktion gemacht. Er hat auch das erste und größte Schulungszentrum für Diabetiker in Deutschland ins Leben gerufen. Mehnert ist Träger der Paracelsus-Medaille, der höchsten Auszeichnung der Deutschen Ärzteschaft.

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