COVID-19

Zoster-Risiko nach COVID-19 deutlich erhöht

Über 50-Jährige COVID-Erkrankte bekommen häufiger eine Gürtelrose. Die COVID bedingte Lymphopenie könnte die Ursache sein. Gegen Zoster Geimpfte wiederum haben ein geringeres COVID-Risiko.

Dr. Michael HubertVon Dr. Michael Hubert Veröffentlicht:
Bei COVID-19 ist häufig die T-Zell-Immunität gestört.

Bei COVID-19 ist häufig die T-Zell-Immunität gestört.

© libre de droit / Getty Images / iStock

Bereits zu Beginn der SARS-CoV2-Pandemie gab es Fallberichte, in denen bei COVID-Patienten ein erhöhtes Zoster-Risiko beschrieben wurde. Forscher sind dem jetzt in einer retrospektiven Kohortenstudie nachgegangen. Ausgewertet wurden US-amerikanische Daten von fast 400.000 Krankenversicherten mit COVID und fast 1,6 Millionen Kontrollen ohne COVID ab 50 Jahren. Erfasst wurde der Zeitraum März 2020 bis Februar 2021 (Open Forum Infectious Diseases 2022; 9(5): ofac118).

Ergebnis: Personen, bei denen COVID-19 diagnostiziert wurde, hatten ein 15 Prozent höheres Herpes-zoster-Risiko als Personen ohne COVID-19. Die Zoster-Inzidenz in der COVID-Gruppe lag bei 8,2 pro 1000 Personenjahre (PJ), in der Kontrollgruppe bei 6,8 / 1000 PJ. Mussten Patienten wegen COVID ins Krankenhaus, war deren Zoster-Risiko 21 Prozent höher als in der Kontrollgruppe. Mehr als die Hälfte der Zosterfälle trat binnen einer Woche nach der COVID-Diagnose auf.

Als Grund vermuten die Autoren eine Dysfunktion der T-Zell-Immunität, die zur Reaktivierung des Varicella-zoster-Virus führt. Aus mehreren Studien ist bekannt, dass ein großer Teil der COVID-19-Patienten eine Lymphopenie aufweist (z.B. hier: N Engl J Med 2020; 382: 1708-1720). Die Autoren der Kohortenstudie betonen in diesem Zusammenhang die Bedeutung der Zoster-Impfung.

Schützt die Zoster-Impfung vor COVID-19?

Auch anders herum gibt es einen Zusammenhang von COVID-19 und Zoster. Denn gegen Zoster Geimpfte bekommen nicht so häufig COVID wie Ungeimpfte. Hier wurde in einer Studie die Impfung mit einer rekombinanten Zoster-Vakzine (Shingrix®) mit COVID-19 korreliert. Es lagen Daten von rund 95.000 zweifach Zoster-Geimpften und rund 190.000 nicht gegen Zoster Geimpften vor. Alle anderen Parameter waren adjustiert. In der Impfgruppe lag die COVID-19-Diagnoserate 19 Prozent niedriger, die Hospitalisierungsrate wegen COVID 36 Prozent niedriger (J Inf Dis 2021, online 3. Oktober ).

Heterologe Effekte der Impfung

Nun hat die Zoster-Impfung sicherlich keinen direkten Einfluss auf Infektion und Erkrankung durch SARS-CoV2. Der Grund für die o.g. Beobachtung dürfte vielmehr in sogenannten heterologen Effekten der Impfung liegen. Solche Beobachtungen wurden schon mit Beginn der Pocken-Impfungen gemacht: Ärzte und Forscher stellten fest, dass die Pocken-Impflinge auch weniger Scharlach, Keuchhusten, Masern oder Hautekzeme bekamen ( J Vet Med B Infect Dis Vet Public Health 2004; 51: 199-201).

Immuntraining gegen Immunseneszenz?

Den heterologen Impfeffekten könnte eine trainierte Immunantwort bzw. ein Immuntraining zugrunde liegen, so Professorin Martina Prelog, Pädiaterin und Immunologin am Uniklinikum Würzburg. Diese Hypothese wäre ein Ansatz, der Alterung des Immunsystems, der Immunoseneszenz, vorzubeugen oder diese zu verlangsamen.

Dieses Training führe zu einer metabolischen und epigenetischen Reprogrammierung des Immunsystems. So werde die DNA von Immunzellen weniger methyliert und das Chromatin „lockerer“ um die Histone gewickelt (Nature Reviews Immunology 2020; 20: 335-337). Im Falle einer Attacke durch Krankheitserreger können die entsprechenden Gene schneller abgelesen werden und das Immunsystem so schneller und effektiver reagieren, so Prelog bei einer Online-Veranstaltung von GSK.

Praxis-Tipp: Das Robert Koch-Institut bietet „kurz & knapp: Faktenblätter zum Impfen“ an. Das Faktenblatt zur Herpes-zoster-Impfung kann hier heruntergeladen werden.

Lesen sie auch
Mehr zum Thema

Corona-Prävention

Japans Impflücke bei COVID-19

Weltgesundheitsorganisation

Zunächst kein Durchbruch bei Pandemieabkommen der WHO

Koordinierende Versorgung als Ziel

Long-COVID-Richtlinie in Kraft - jetzt fehlt noch die Vergütung

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Studie bescheinigt hohe Spezifität

Feiert das Belastungs-EKG ein kardiologisches Comeback?

Brustkrebsgefahr bei Adipositas

Prospektiv bestätigt: Bariatrische Operation senkt Brustkrebsrisiko

Lesetipps
Es zeichne sich ab, so Professorin Anne Letsch vom Onkologischen Zentrum Campus Kiel des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein, dass das biologische Geschlecht, aber auch Gender als soziales Rollenkonstrukt, an vielen Stellen Krebs und Krebsversorgung beeinflussen.

© [M] lera_efremova / stock.adobe.com

Gendermedizin in der Onkologie

Den geschlechtsspezifischen Unterschieden bei Krebs auf der Spur

Die Wahrscheinlichkeit, VHF-Trigger außerhalb des Pulmonalvenensystems zu finden, beträgt 5,9 Prozent bei einem PRE2SSS2-Score von 0–1, 19,2 Prozent bei einem Score von 2–4 und 40,0 Prozent bei einem Score von 5–6.

© plo / stock.adobe.com

Herde außerhalb der Pulmonalvenen

Score gibt Risiko für weitere Trigger von Vorhofflimmern an

Betroffene mit Reizblase haben ihn immer im Blick – den schnellsten Weg zur nächsten Toilette.

© Alex / stock.adobe.com

Harndrang und häufiges Wasserlassen

Reizblase: Da mischt oft die Psyche mit