15 Jahre deutsche Einheit - der Weg dahin geschah im Eiltempo

Von Karl-Heinz Gräfe Veröffentlicht:

Um Mitternacht wurde vor dem Reichtagsgebäude in Berlin unter dem Jubel Hunderttausender Menschen eine riesige schwarz-rot-goldene Fahne aufgezogen: Mit Anbruch des 3. Oktober 1990 war Deutschland wieder vereinigt.

Wenige Stunden vor den Feiern zum Vollzug der deutschen Einheit hatten sich Regierungsbeamte der Bundesrepublik Deutschland und der sich verabschiedenden DDR noch steifen Protokollpflichten hingeben müssen.

In diplomatischen Noten teilten die Regierungen einander mit, daß der zwischen ihnen im August abgeschlossene "Vertrag über die Herstellung der Einheit Deutschlands" umgesetzt werden und die DDR der Bundesrepublik beitreten könne: Die "erforderlichen verfassungsrechtlichen und sonstigen Voraussetzungen" seien auf beiden Seiten erfüllt. Der Geschäftsträger der Ständigen Vertretung der DDR in Bonn kündigte die Schließung der Einrichtung am 2. Oktober 1990, 24 Uhr, an.

Das juristische Paket zur deutschen Einheit war im September durch den Zwei-Plus-Vier-Vertrag komplettiert worden. Die vier Siegermächte des Zweiten Weltkrieges verzichteten darin auf ihre alten Vorbehaltsrechte "in Bezug auf Berlin und Deutschland als Ganzes" und gestanden dem neuen Deutschland volle innen- wie außenpolitische Souveränität zu. Die US-Amerikaner hatten ergänzend klargestellt, daß die deutsche NATO-Mitgliedschaft und die mit Atomwaffen untersetzte US-Truppenpräsenz im geeinten Deutschland nicht in Frage gestellt werden dürfe.

In das Bewußtsein der Menschen rückte damals vor allem noch einmal das Sturmtempo, mit dem sich seit 1989 die friedliche Revolution in der DDR vollzogen hatte. Die Unfähigkeit der DDR-Führung, notwendige Reformen anzupacken, die verweigerte Reisefreiheit, Stillstand in der Deutschlandfrage und ernste wirtschaftliche Schwierigkeiten, auch die Fälschung der Kommunalwahlen im Mai hatten die Geduld der Bevölkerung erschöpft.

So flüchteten im Sommer 1989 massenweise DDR-Bürger über Ungarn oder bundesdeutsche Botschaften in den Westen. Eine neu entstehende Bürgerrechtsbewegung, federführend das "Neue Forum", meldete sich immer lauter zu Wort. 500 000 Menschen demonstrierten am 4. November in Ost-Berlin gegen das Machtmonopol der SED. Während der Leipziger Montagsdemonstrationen wurde der Ruf nach Wiedervereinigung unüberhörbar.

Anfang November traten die DDR-Regierung und das bisher allmächtige SED-Politbüro zurück, nachdem SED-Generalsekretär Erich Honecker bereits im Oktober sein Amt quittieren mußte. Am 9. November fiel in Berlin die Mauer. Der SED-Politiker Hans Modrow, zum neuen Regierungschef gewählt, mußte die Macht mit den Oppositionellen am "Runden Tisch" teilen.

Bundeskanzler Helmut Kohl überraschte im November 1989 mit einem Zehn-Punkte-Programm zur Überwindung der Teilung. Vom sowjetischen Parteichef Michail Gorbatschow holte er sich im Februar 1990 die Zusicherung, daß sich Moskau einer deutschen Einheit nicht in den Weg stellen werde. Die Währungsunion brachte den DDR-Bürgern am 1. Juli die D-Mark.

Nach den freien Volkskammer-Wahlen im März 1990 wurden endgültig die Weichen gestellt: Ministerpräsident Lothar de Maizière betonte in seiner Regierungserklärung, die Einheit müsse so schnell wie möglich kommen. Ende August erklärte das Parlament schließlich den Beitritt der DDR zur Bundesrepublik gemäß Artikel 23 des Grundgesetzes zum 3. Oktober 1990. (ddp.vwd)

Lesen Sie dazu auch: Noch immer ist oft von den Wessis und den Ossis die Rede Abwanderung aus Osten schwächt sich weiter leicht ab

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