UND SO SEH' ICH ES
Der Vatikan ist mit seinem Latein noch längst nicht am Ende
Man kann über den Vatikan denken was man will, aber daß er nicht mit dem Fortschritt ginge, sollte man besser nicht behaupten. Obwohl in der Tradition verhaftet, geht die katholische Kirche doch mit dem Zeitgeist.
Neuester Beweis: das vor kurzem veröffentlichte "Lexicon Recentis Latinitatis", ein 15 000 Begriffe umfassendes Wörterbuch. Es macht vor neuesten Errungenschaften der Technik, wie "instrumentum computarium" für Computer oder "telehorasis" für den Fernseher oder sogar vor Termini wie "publicae securitatis custos internationalis" für Interpol keinen Halt. Und auch für eine Reihe von anderen modernen Wortschöpfungen hält es entsprechende lateinische Formulierungen bereit.
Satirisch könnten man fast behaupten, daß sich die Sitten im modernen Petrus-Staat mit der Zeit ein wenig gelockert haben. Denn aus manchen neuen Lexikon-Begriffen könnte man sogar eine kleine frivole Story basteln:
Ein "iuvenis voluptarius" (Playboy) saß in einer Bar, eine "fistula nicotiana" (Zigarette) in der Hand, als er nach dem Genuß von mehreren "potio mixta Hispanica" (Sangria) plötzlich eine hübsche "puella" (junge Frau) in "brevissimae bracoe femineae" (Hotpants) und "stroppio carens" (topless) sah.
Als stände er unter "usus agonisticus medicamenti stupecfactivi" (Doping oder Medikamentenmißbrauch), begann er sogleich einen intensiven "amor levis" (Flirt) mit ihr. Von Satz zu Satz gefielen sich die beiden besser und man verabredete sich zu einer "placenta compresso" (Pizza).
Er kam zu diesem Treffen in "bracae linteae ceruleae" (Jeans) und sie im "tunicula minima" (Minirock). Nach zwei bis drei kleinen "placentulae" (anderes Wort für Pizza) und einigen "valida potio Slavica" (Wodka) fragte er sie ganz direkt, ob sie die "pilola anticoncezzionale" (Pille) nehme, woraufhin sie gleich mit der Gegenfrage nach einem "tegumentum" (Präservativ) antwortete...
Die Ehrfurcht vor dem Vatikan gebietet es, die Story an dieser Stelle zu beenden und sie nicht aus weiteren Begriffen des neuen "Lexicon Recenti Latinitatis" fortzusetzen.
Eins aber könnten wir jetzt zu Recht behaupten: Im Vatikan ist man mit seinem Latein noch längst nicht am Ende. Das meint