1,28 Euro Nachtzuschlag? Ärzte machen Druck

"Kein Nachtdienst zum Dumpinglohn": Mehr als 4000 Klinikärzte demonstrierten bei einer Kundgebung am Montag in München. Bundesweit legten Ärzte an 200 kommunalen Klinken die Arbeit nieder. Ob nächste Woche der Streik weitergeht, ist noch nicht entschieden.

Von Jürgen Stoschek Veröffentlicht:
Die Arbeitszeit in der Nacht muss besser honoriert werden: 4000 streikende Ärzte demonstrieren vor dem Karlstor am Stachus. © Stoschek

Die Arbeitszeit in der Nacht muss besser honoriert werden: 4000 streikende Ärzte demonstrieren vor dem Karlstor am Stachus. © Stoschek

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MÜNCHEN. Ausgestattet mit orangefarbenen Mützen, Trillerpfeifen und Ratschen zogen am Montag mehr als 4000 Krankenhausärzte aus dem ganzen Bundesgebiet in einem Protestzug von der Theresienwiese durch die Innenstadt zur Kundgebung vor dem Karlstor am Stachus. Auf Spruchbändern und Plakaten forderten die streikenden Klinikärzte eine bessere Bezahlung für ihre Arbeit an den kommunalen Kliniken.

"Kein Nachtdienst zum Dumpinglohn"; "Ausgelaugt und mies bezahlt - wir wehren uns" und "24 Stunden: Andere schlafen - wir arbeiten", hieß es auf den Transparenten. Immer wieder skandierten die Demonstranten "Bern und Basel sind nicht weit - gutes Geld für Nachtarbeit".

Erstes Ziel der Tarifauseinandersetzung sei eine "anständige Bezahlung" der Nachtdienste, so dass ein Arzt, der nachts arbeitet, mehr bekommt, als wenn er am Tag arbeitet. "Die Ärzte lassen sich nicht mit einem Trinkgeld für ihre Nachtarbeit und für 24-Stunden-Dienste abspeisen", sagte der Vorsitzende des Marburger Bundes, Rudolf Henke, bei der Abschlusskundgebung.

Das Angebot der Arbeitgeber, das auf eine Refinanzierung durch Verzicht auf Urlaub hinauslaufe, bezeichnete Henke als Mogelpackung. "1,28 Euro pro Stunde als Nachtzuschlag für Vollarbeit sind ein Hohn", sagte der MB-Vorsitzende.

Dass es bisher in der Tarifauseinandersetzung zu keiner Einigung gekommen ist, liege allein an der "Dickschädligkeit der Arbeitgeber".

Tatsächlich stünden die Krankenhäuser besser da, als sie der Öffentlichkeit weiszumachen versuchten. Die Situation habe sich in den vergangenen Jahren deutlich verbessert. Während vor wenigen Jahren noch jedes vierte Krankenhaus von der Schließung bedroht gewesen sei, seien heute nur noch acht Prozent der Krankenhäuser "im roten Bereich".

"Allein 2009 konnten die Kliniken im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung eine Erlössteigerung von 6,4 Prozent erzielen. Zu dieser Leistung haben auch wir Ärzte maßgeblich beigetragen", erklärte Henke. Vor diesem Hintergrund seien die Forderungen des Marburger Bundes maßvoll.

Zuvor hatte Henke bei einer Pressekonferenz die Tarifforderungen des MB erläutert, die eine lineare Erhöhung der Gehälter um durchschnittlich fünf Prozent sowie strukturelle Veränderungen im Tarifgefüge vorsehen. Die prekäre Arbeitssituation der Ärzte in den kommunalen Krankenhäusern würden von den Arbeitgebern offenbar nicht wahrgenommen. Schon jetzt gebe es mehr als 5000 unbesetzte Stellen und in den nächsten Jahren würden weitere 8000 Ärzte ausscheiden. "Die Arbeitgeber verstehen die Zeichen der Zeit nicht", sagte Henke.

Den Vorwurf von Arbeitgeberseite, der Streik werde auf dem Rücken der Patienten ausgetragen, wies Henke mit Nachdruck zurück. Die Dienste seien auf Wochenendniveau organisiert, Notfälle werden behandelt. Wie lange der Streik dauern werde, sei jedoch nicht absehbar. Zu den Arbeitgebern bestehe derzeit "keinerlei Kontakt".

Wo gestreikt wird, zeigen wir auf unserem aktuellen Streikatlas.

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