Quartalsende

Ärzte warten auf "frisches Geld", Patienten suchen Alternativen auf

Wenn am Quartalsende das Regelleistungsvolumen (RLV) knapp wird, schränken Ärzte Leistungen ein und verschieben sie ins neue Quartal. Etliche Patienten weichen auf den KV-Bereitschaftsdienst aus.

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:

BERLIN/HAMBURG. Es ist ein bekanntes Phänomen: Wenn die jeweils auf ein Quartal berechneten Regelleistungsvolumina knapp werden, werden Patienten aufs neue Quartal vertröstet. In welchem Umfang und mit welchen weiteren Effekten dies geschieht, haben der Gesundheitsökonom Dr. Konrad Himmel von der Uni Hamburg und Dr. Udo Schneider vom Wissenschaftlichen Institut der Techniker Krankenkasse zu quantifizieren versucht.

Auf Basis der TK-Daten haben sie die Zahl neuer Behandlungsfälle in den letzten 14 Tagen eines Quartals, in den 14 Tagen davor und in den ersten 14 Tagen eines neuen Quartals ermittelt. Dabei haben sie auch berücksichtigt, ob es sich bei den neuen Behandlungsfällen um Leistungen handelt, die den Ärzten über das RLV oder als extrabudgetäre Leistung honoriert werden.

Leistungseinschränkungen am Quartalsende

Die nicht repräsentativen Ergebnisse zeigen, dass die Vertragsärzte, differenziert nach Fachgebieten, sensibel auf die Budgetierung reagieren und durch Leistungseinschränkungen zu vermeiden versuchen, umsonst oder zu stark abgestaffelten Punktwerten zu arbeiten:

  • Bei Hausärzten sinkt die Zahl neuer Behandlungsfälle in den letzten zwei Quartalswochen um 8,7 Prozent; die Zurückhaltung beginnt aber schon in den ersten beiden Wochen des letzten Quartalsmonats, in denen neue Behandlungsfälle um 5,1 Prozent rückläufig sind. Anders als bei Fachärzten sinkt aber auch die Zahl extrabudgetärer Leistungen stark um 10,7 Prozent. Deren Anteil ist bei Allgemeinärzten ohnehin niedrig. Der auf diese Weise entstandene Patientenstau löst sich zum Beginn eines neuen Quartals nahezu auf: Dann steigt die Zahl neuer Fälle bei den Hausärzten sprunghaft um 7,1 Prozent.
  • Unter den Fachärzten ist der Budgetierungseffekt bei Dermatologen (minus 14,2 Prozent neue Behandlungsfälle) und Augenärzten (13,9 Prozent) am größten. Generell gibt es aber bei Fachärzten nicht den Aufholeffekt wie bei den Hausärzten. Auch der Einfluss auf extrabudgetär honorierte Leistungen ist gering.

Zwei weitere Effekte werden sichtbar: Zum einen erweisen sich große Facharzt-Praxen als relativ budgetresistent; Großpraxen haben in den letzten zwei Quartalswochen zwischen 0,6 und fünf Prozent weniger neue Behandlungsfälle, kleine Facharzt-Praxen zwischen 9,8 und 14,6 Prozent.

KBV-Chef: Budgetierung abschaffen

15 % mehr Behandlungsfälle müssen im letzten Quartalsmonat in den KV-Bereitschaftsdiensten abgearbeitet werden – eine Folge von Leistungseinschränkungen durch Quartalsbudgets der Vertragsärzte.

Bei Hausärzten spielt die Größe keine Rolle. Zum zweiten hat das Quartalsbudget Einfluss auf die Inanspruchnahme des KV-Bereitschaftsdienstes: Rund 15 Prozent mehr Fälle müssen hier im letzten Quartalsmonat abgearbeitet werden.

Die Schlussfolgerung ist aus der Sicht von KBV-Chef Dr. Andreas Gassen eindeutig: "Die Studie spiegelt wider, dass im Schnitt über zehn Prozent aller erbrachten Leistungen der niedergelassen Ärzte von den gesetzlichen Krankenkassen nicht vergütet werden. Die Budgetierung muss weg!"

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