Verfassungsgericht
Auch betreute Menschen dürfen wählen
KARLSRUHE. Mehr als 81.000 behinderte und psychisch kranke unter Betreuung stehende Menschen sind 2013 von der Teilnahme an der Bundestagswahl zu Unrecht ausgeschlossen worden. Der im Bundeswahlgesetz enthaltene Wahlrechtsausschluss verstößt gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und gegen das Verbot der Benachteiligung behinderter Menschen, entschied das Bundesverfassungsgericht am Donnerstag.
Vor Gericht waren acht Betroffene gezogen, die 2013 gemäß Bundeswahlgesetz nicht an der Bundestagswahl teilnehmen durften. Die im Streit stehenden Regelungen sehen einen Wahlrechtsausschluss vor, wenn für eine Person dauerhaft ein Berufsbetreuer bestellt wurde, der für alle Angelegenheiten zuständig ist. Auch schuldunfähige Straftäter im Maßregelvollzug dürfen nicht wählen.
Die Karlsruher Richter erklärten die Vorschriften für verfassungswidrig. Der Gleichbehandlungsgrundsatz werde verletzt. Denn haben Betreuungsbedürftige per Vorsorge- oder Betreuungsvollmacht selbst eine Person – etwa einen Familienangehörigen – als Betreuer bestimmt, sieht das Gesetz keinen Wahlrechtsausschluss vor.
Warum psychisch kranke Straftäter im Maßregelvollzug wegen ihrer „Schuldunfähigkeit“ nicht wählen können, sei nicht ausreichend begründet worden, rügte das Gericht. Auch könne auf die Unterbringung verzichtet werden, wenn schuldunfähige Personen keine Gefahr für die Allgemeinheit darstellen. Dann dürften sie wählen. Dies sei gleichheitswidrig. (fl)
Bundesverfassungsgericht
Az.: 2 BvC 62/14