Bessere Frühförderung behinderter Kinder

HAMBURG (di). Interdisziplinäre Frühförderung ist jetzt auch in Hamburg möglich. Therapeuten befürchten aber, dass Ärzte zunächst nur zögerlich überweisen.

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Nach Schätzungen der Hamburger Sozialbehörde gibt es in der Hansestadt rund 600 Kinder, die im Vorschulalter von einer Behinderung betroffen oder bedroht sind - und damit von einer interdisziplinären Frühförderung profitieren könnten.

Gesundheitssenator Dr. Dietrich Wersich hält das neue Angebot für eine "erhebliche Erleichterung" für die Familien förderbedürftiger Kinder. Ob die in die Förderung gelangen, hängt auch vom Überweisungsverhalten der Ärzte ab. Zwar haben die Arztpraxen bereits schriftliche Informationen bekommen. Ob das aber ausreicht, ist nach ersten Erfahrungen im Nachbarland Schleswig-Holstein fraglich. Dort wird das Angebot wie berichtet nur schleppend angenommen.

Im Gegensatz zu Schleswig-Holstein, wo erst zwei interdisziplinäre Frühförderstellen ihre Arbeit aufgenommen haben, sind in Hamburg vom Start weg rund zehn Förderstellen dabei. Gebhard Weigel, Inhaber des Therapiezentrums Wandsbek, sieht darin eine Chance, eine Versorgungslücke zu schließen.

Häufig überweisen Ärzte die Kinder eher zögerlich.

Er hält eine gezielte Aufklärung der Ärzte auf die Möglichkeit der interdisziplinären Frühförderung durch die Kostenträger für sinnvoll. Darin könnte auch klargestellt werden, dass die Verordnung der interdisziplinären Frühförderung nicht das Budget der Ärzte belastet.

"Manche Ärzte befürchten, dass ihnen über die gesetzlich vorgesehene Eingangsdiagnostik durch Mediziner der Frühförderstellen Patienten verloren gehen. Das ist aber unbegründet, weil die Ärzte in den Frühförderstellen nur die Diagnostik vornehmen und die Betreuung begleiten - nicht aber die Kinderärzte ersetzen", sagte Weigel.

Die interdisziplinäre Frühförderung fasst heilpädagogische, medizinisch-therapeutische, psychologische und ärztliche Leistungen unter einem Dach zusammen. Grundlage für die Komplexleistung ist das Sozialgesetzbuch IX, das diese Möglichkeit schon seit Jahren einräumt. Leistungsberechtigt sind Kinder, die noch nicht eingeschult und von einer Behinderung betroffen oder bedroht sind. Die Kosten der interdisziplinären Frühförderung tragen die gesetzlichen Krankenkassen und die Sozialhilfeträger. Die Umsetzung erfolgt von Bundesland zu Bundesland sehr unterschiedlich. In der Vergangenheit gab es nach Auskunft von Therapeuten wiederholt Fälle, in denen Leistungen für die betroffene Patientengruppe nicht von den Kostenträgern abgedeckt und deshalb umsonst erbracht wurden.

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