Britische Regierung will bei Krebsvorsorge sparen

Die Wirtschaftskrise macht auch um das britische Gesundheitswesen keinen Bogen: Um Ausgaben zu reduzieren, sollen Hausärzte auf der Insel an der Krebsvorsorge sparen.

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LONDON (ast). Britische Hausärzte werden von übereifrigen Gesundheitspolitikern offenbar massiv unter Druck gesetzt, weniger Patienten zur Krebsvorsorge zu überweisen.

Das sorgt im Königreich für Schlagzeilen und heftige Kritik. Der Hintergrund: Das staatliche Gesundheitswesen muss als Folge der Wirtschaftskrise jährlich Milliardenbeträge einsparen.

Hausärztliche Fachmedien in Großbritannien berichteten kürzlich, dass es in vielen Landesteilen inzwischen so ist, dass Hausärzte des staatlichen Gesundheitsdienstes (National Health Service, NHS) aufgefordert werden, weniger Patienten zu onkologischen Vorsorgeuntersuchungen zu überweisen.

Überweisungen "genau prüfen"

Jede vierte Gesundheitsbezirksverwaltung gab zu Protokoll, man habe neue Richtlinien, um "unnötige Überweisungen zur Krebsvorsorge" zu reduzieren.

Einige lokale Gesundheitsverwaltungen gingen offenbar noch einen Schritt weiter und schrieben direkt an die NHS-Primärärzte. In den Schreiben werden die Hausärzte ermahnt, "genau zu prüfen, ob eine Überweisung tatsächlich notwendig" sei.

Fünf Bezirke - Bury, Salford, South West Essex, Southampton und Stockport - erlauben es den ortsansässigen Hausärzten nicht länger, Patienten direkt zur Krebsvorsorge zu überweisen.

Widerspruch zur offiziellen Linie

Das steht jedoch im Widerspruch zu Vorgaben des Londoner Gesundheitsministeriums, das eine direkte Überweisung vom Hausarzt an diagnostische Leistungsträger unter Umgehung eines Onkologen wünscht.

Das Gesundheitsministerium argumentiert, so werde Zeit gespart, was letztlich die Morbidität senke. Doch die Empfehlungen des Ministeriums werden offenbar von immer mehr lokalen Gesundheitsverwaltungen ignoriert, da sie unter Sparzwang stehen.

Pläne gefährden Patientenleben

Hausarzt- und Patientenverbände kritisieren diese Form der Rationierung bei der Krebsvorsorge. "Hier geht es vorrangig ums Geldsparen und nicht um das Wohl der Patienten", so Dr. Clare Gerada, Chairman des Royal College of General Practitioners (RCGP).

Und: "Ich befürchte, dass die neuen Richtlinien zur späteren Früherkennung von Krebsleiden führen werden. Das gefährdet Patientenleben."

Andere Interessenverbände wie die Patients Association (PA) äußerten sich ebenfalls kritisch. Großbritannien hat eine der höchsten Morbiditätsraten bei Krebs in Westeuropa.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Falsch und ethisch bedenklich

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