Ungeklärte Todesursache

Ärzte in Deutschland trauern um Kreml-Kritiker Nawalny

In der Berliner Charité kämpften die Beschäftigten nach einem Giftgasanschlag lange um das Leben des russischen Oppositionellen Alexej Nawalny. Jetzt ist er in einem sibirischen Straflager gestorben.

Christoph BarkewitzVon Christoph Barkewitz Veröffentlicht:
Der russische Oppositionspolitiker Alexej Nawalny ist nach Angaben der Justiz in Haft gestorben.

Der russische Oppositionspolitiker Alexej Nawalny ist nach Angaben der Justiz in Haft gestorben.

© Pavel Golovkin/AP/dpa

Neu-Isenburg/Berlin. Der Tod des russischen Kreml-Kritikers Alexej Nawalny in einem sibirischen Straflager hat auch in der deutschen Ärzteschaft Betroffenheit und Trauer ausgelöst. Der 47 Jahre alte Oppositionspolitiker war in Russland unter anderem wegen „Extremismus“ zu langer Lagerhaft verurteilt worden.

Besonderes Aufsehen hatte ein Mordanschlag mit dem Nervengift Nowitschok im Jahr 2020 erregt, den Nawalny nur knapp überlebt hatte. Wegen des Gifts russischer Herkunft stand der russische Geheimdienst im Verdacht. Nachdem Nawalny auf einem innerrussischen Flug das Bewusstsein verloren hatte, musste die Maschine notlanden, wenige Tage später wurde er in die Berliner Charité verlegt.

Notarzt Dahmen hat vergeblich auf gutes Ende gehofft

Einer der Notärzte, die in Berlin am Flughafen den Krankentransport empfangen hatten, war der jetzige Grünen-Bundestagsabgeordnete Janosch Dahmen. Er schieb auf dem Kurznachrichtendienst „X“ (vormals Twitter): „Der Tod von Nawalny macht mich traurig. Als Politiker, Arzt & Mensch. Nach dem Putin ihn schon einmal fast umgebracht hatte, habe ich mich als Notarzt bei seiner Ankunft in Berlin um ihn gekümmert. Seitdem habe ich oft an ihn gedacht & auf ein gutes Ende & Gerechtigkeit gehofft.“

Die Charité, in die er anschließend gebracht wurde, meldete sich ebenfalls auf „X: „Ein trauriger Tag. Die Nachricht vom Tod Alexej Nawalnys erschüttert uns zutiefst. Noch 2020 haben unsere Ärzt:innen und Pflegekräfte wochenlang engagiert und erfolgreich um sein Leben gekämpft. Unsere Gedanken sind bei seiner Familie, seinen Freund:innen und Mitarbeiter:innen.“

Lauterbach: Für mich war Nawalny ein Held

Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach schrieb dort: „Heute spricht man nicht mehr von Helden. Aber für mich war Nawalny ein Held. Durch seinen Widerstand hat er früh der Welt klar gemacht, dass Putin ein rücksichtsloser Verbrecher im Amt ist. Man hätte viel früher seiner Warnung folgen müssen.“

Der FDP-Bundestagsabgeordnete und Facharzt für Innere Medizin, Professor Andrew Ullmann, forderte auf „X“, „Putin muss zur Rechenschaft gezogen werden!“

Cihan Çelik: Natürliche Todesursache unwahrscheinlich

Der während der Corona-Pandemie bekannt gewordene Dr. Cihan Çelik, Sektionsleiter Pneumologie am Klinikum Darmstadt, glaubt (ebenfalls via „X“) wie viele andere nicht an einen natürlichen Tod des Putin-Gegners in der Haftanstalt: „Angesichts der Vorgeschichte und Haftbedingungen von Alexej Nawalny sollte man nicht von einer natürlichen Todesursache sprechen, kein Mediziner würde das ignorieren. Das gilt weitestgehend unabhängig von Vorerkrankungen und der akuten Todesursache. Es ist eine Schande.“

Alexei Nawalny war trotz vielfältiger Warnungen nach seiner Genesung am 17. Januar 2021 nach Russland zurückgeflogen und wurde noch am Moskauer Flughafen verhaftet. Es folgten mehrere Prozesse und Verurteilungen in Russland, die von vielen Beobachtern als politisch motiviert bezeichnet wurden, um einen der schärfsten Kritiker von Präsident Wladimir Putin aus dem Verkehr zu ziehen. Er sollte das Gefängnis nicht mehr lebend verlassen.

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