Kommentar
Ehrlichkeit - auf allen Seiten, bitte!
Die Spatzen pfeifen es längst von den Dächern: Ressourcen im Gesundheitssystem werden zunehmend knapp. Immer weniger junge Menschen zahlen ein, immer mehr ältere sind auf Leistungen angewiesen. Ein Konzept, wie damit umzugehen ist, hat die Politik bislang nicht vorgelegt. Sie fürchtet die Antwort wie der Teufel das Weihwasser und beharrt darauf, dass auch zukünftig jeder alles bekommt. Redlich ist das nicht - zumal alle wissen, dass verdeckte Rationierung im Gesundheitswesen längst Realität ist.
Daher ist es gut, wenn die Bundesärztekammer eine offene Debatte über "ehrliche" Priorisierung anmahnt. Verdeckte Rationierung überlässt nämlich die Entscheidung, was der Patient bekommt und was nicht, dem einzelnen Arzt und der Situation vor Ort. Ethisch betrachtet ist das sehr fragwürdig.
Wer Ehrlichkeit und Transparenz von der Politik fordert, sollte diesen Anspruch aber auch bei sich selbst einlösen. So gehört zu einer offenen Debatte über Priorisierung, dass ärztliche Meinungsführer mögliche Interessenkonflikte offenlegen. Das gilt auch für den Chef der Bundesärztekammer, der zugleich Mitglied im Aufsichtsrat der Allianz Deutschland AG ist. Dass diese Interesse an einer Ausweitung ihrer Geschäftsfelder hat, dürfte unbestritten sein.
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