Kliniken: Qualitätsdiskussion erhitzt die Gemüter

Qualitativer Fortschritt oder wirtschaftlicher Ruin? Welche Folgen die Qualitätsmessung in den Krankenhäusern haben wird, ist bislang Spekulation.

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Niemand spricht sich gegen mehr Qualität in der stationären Versorgung aus, aber die Interessenlagen sind unterschiedlich

Niemand spricht sich gegen mehr Qualität in der stationären Versorgung aus, aber die Interessenlagen sind unterschiedlich

© Franz Pfluegl / Fotolia

MAINZ. Die Diskussion um die Klinikqualität wird Krankenhäuser, Gesundheitspolitiker und Wissenschaftler noch lange intensiv beschäftigen. Zwar spricht sich natürlich niemand gegen mehr Qualität in der stationären Versorgung aus, aber die Interessenlagen sind doch zu unterschiedlich. Das hat sich auch beim Ersatzkassenforum zum Thema "Qualität nach Plan – Rheinland-Pfalz vor der Einführung von Qualitätskriterien in die Krankenhausplanung" am vergangenen Donnerstag in Mainz gezeigt.

Harsch kritisierte zum Beispiel der Geschäftsführer des Landeskrankenhauses Dr. Gerald Gaß die Vorgaben des Krankenhausstrukturgesetzes (KHSG). Wenn es schlecht laufe, führten die Qualitätsindikatoren sogar zur "Stigmatisierung" einzelner Häuser. Das könne diese wirtschaftlich ruinieren, fürchtet Gaß. Die ganze Qualitätsdiskussion wurmt ihn ohnehin. In Zeiten der Personalknappheit sei die permanente Diskussion über eine schlechte Versorgung in den Krankenhäusern ein fatales Signal. "Die Mitarbeiter fühlen sich nicht wertgeschätzt", so Gaß.

Pflegekräfte mitnehmen!

Das hat auch Dr. Tanja Machalet registriert. Wenn die Pflegekräfte bei der Qualitätsdiskussion nicht mitgenommen würden, scheiterten alle guten Ansätze, ist sich die stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses für Gesundheit, Pflege und Demografie in Rheinland-Pfalz sicher.

Nach dem Anfang 2016 verabschiedeten Krankenhausstrukturgesetz dürfen die Bundesländer Kliniken oder Abteilungen aus dem Krankenhausplan nehmen, wenn diese gegen die vom Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) festgelegten Qualitätsindikatoren in erheblichem Maße verstoßen. Allerdings bestehen selbst beim GBA derzeit noch Vorbehalte, im Hinblick auf die Rechtssicherheit. Die Feststellung, ob eine erheblich unzureichende Qualität vorliegt, sei mit den Indikatoren, die derzeit zur Prüfung dem Bundesgesundheitsministerium vorliegen, nicht möglich, hatte erst kürzlich Dr. Regina Klakow-Franck, unparteiisches Mitglied im GBA, gesagt.

Hohe Erwartungen der Kassen

"Es gibt kein Automatismus für die Qualitätskriterien, die der GBA uns vorlegt", machte Landesgesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichten-thäler (SPD) bei der Veranstaltung deutlich. Die Länder könnten bei ihrer Krankenhausplanung GBA-Kriterien ganz oder teilweise ausschließen. Ohnehin könne in Rheinland-Pfalz nicht von einer erstmaligen Einführung von Qualitätskriterien die Rede sein. Bereits 2003 sei ein Qualitäts-Konzept für Brustkrebs-Zentren vorgelegt worden, so die Ministerin. Die neuen Qualitätsindikatoren würden die bisherige Qualitätssicherung nicht ersetzen, sondern nur ergänzen.

Ersatzkassenchef Martin Schneider formulierte seine Erwartungen an die Krankenhausreform allerdings klar und deutlich. Die Ersatzkassen erwarteten, dass die bundesweiten Vorgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses auch flächendeckend umgesetzt würden. Dafür seien schließlich auf Bundesebene umfangreiche Vorarbeiten geleistet worden. Zum Beispiel der Aufbau des Instituts für Qualität und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTiG), mit über 100 Mitarbeitern. Qualitätsanforderungen müssten auch überall gleich sein, denn es gebe "keine regionalspezifische Qualität bei medizinischen Prozeduren zwischen Tirschenreuth und Castrop-Rauxel".

Einen Rückschritt bei der Qualitätsdiskussion wird es nicht mehr geben, sagte CDU-Gesundheitspolitiker Erwin Rüddel. "Niemand wird erwarten, dass die Gesetzgebung in Richtung mehr Qualität wieder in Frage gestellt wird, das kann sich keine Partei leisten", so Rüddel. Die Bundespolitik erwarte, dass die Gesetze auf Länderebene umgesetzt würden. (eb)

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