Kooperation statt Kampf bei Klinikzulassungen

Die Zulassung von Kliniken zur ambulanten Behandlung mit hoch spezialisierten Leistungen sorgt oft für Streit. Hessen will die Kooperation mit Vertragsärzten zur Pflicht machen.

Von Katja Schmidt Veröffentlicht:
Ständiger Kampf: Dürfen Patienten in Kliniken auch ambulant behandelt werden?

Ständiger Kampf: Dürfen Patienten in Kliniken auch ambulant behandelt werden?

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KASSEL. Hessen strebt eine Novellierung des Paragrafen 116b SGB V an, der die Zulassung von Kliniken zur ambulanten Behandlung mit hoch spezialisierten Leistungen, bei seltenen Erkrankungen und besonderen Krankheitsverläufen regelt. Ein Vorschlag werde in einer Länderarbeitsgruppe entwickelt, erklärte der Referatsleiter Krankenhaus im Hessischen Gesundheitsministerium, Jochen Metzner, in Kassel. Er plädierte dafür, bei der Zulassung Kooperationen mit niedergelassenen Ärzten verpflichtend vorzuschreiben. "Was wir erreichen müssen, sind vernetzte Strukturen", betonte er. "Für chronische Erkrankungen - nicht für alle."

Nach aktuellem Stand haben in Hessen 42 Krankenhäuser 155 Einzelanträge für Zulassungen nach Paragraf 116b gestellt, berichtete Metzner bei einer Veranstaltung des Gesundheitsnetzes Nordhessen (GNN). Bisher habe das Ministerium 74 Anträge bewilligt. Darunter sind 19 Kliniken die eine Zulassung für onkologische Versorgung erhalten haben.

Metzner bemängelte unklare Regelungen im Paragraf 116b. Der Passus schreibe eine Zulassung "unter Berücksichtigung der vertragsärztlichen Versorgungssituation" vor - laut Gesetzesbegründung solle aber keine Bedarfsprüfung stattfinden. Die geplante Novelle müsse für Klarheit sorgen. Er wolle nicht warten "bis in acht Jahren das Bundesverfassungsgericht entscheidet", sagte Metzner. Bei einer Änderung müsse freilich das Bundesgesundheitsministerium mitziehen.

"Fehler im System" beklagte der Fraktionsführer der Fachärzte in der KV Hessen Dr. Detlef Oldenburg. Der Paragraf 116b sei so weit gefasst, dass man "die gesamte Medizin darüber abwickeln" könne. Gleichzeitig könnten Kliniken Zulassungen für Spezialbehandlungen erhalten, ohne die entsprechenden Spezialisten vorzuhalten oder stets den Facharztstandard zu garantieren.

Faire Finanzierungsregeln fordert der Verbund hessischer Ärztenetze Hessenmed. Derzeit schlägt der Verbund seinen Mitgliedern vor, keine Klinik-Ambulanzen zu empfehlen, die sich gegenseitig Paragraf 116b-Patienten zuweisen. Das berichtet der Vorsitzende des GNN, Hausarzt Dr. Uwe Popert. "Die größten Effizienzreserven im Gesundheitswesen liegen in der Verbesserung der ambulant-stationären Schnittstellen", betonte er. Man könne die Sektoren nicht zusammenbringen, ohne über Finanzierung zu reden. Eine völlig andere Perspektive hat die Hessische Krankenhausgesellschaft. Extra-Zahlungen über die Onkologievereinbarung, die GKV-Spitzenverband und KBV geschlossen hätten, blieben Kliniken verwehrt, kritisierte der geschäftsführende HKG-Direktor Rainer Greunke. Doch das Gesetz schreibe vor, dass die Vergütung an zugelassenen Kliniken "der Vergütung vergleichbarer vertragsärztlicher Leistungen zu entsprechen" habe. Mit Unterstützung der Krankenhausgesellschaft prüften einige hessische Kliniken nun eine Klage dagegen.

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