Ministerin Alheit geht auf Werbetour

Sie gilt als fachfremd und Gerüchten nach auch als zweite Wahl im Kabinett: Schleswig-Holsteins neue Gesundheitsministerin Kristin Alheit (SPD). Jetzt will sie mit diesen Nachteilen aufräumen - und geht in die Offensive.

Dirk SchnackVon Dirk Schnack Veröffentlicht:

Ministerin Alheit: "Wir haben ein Umsetzungsproblem." Kolja von der Lippe

KIEL. Sie ist die personelle Überraschung in Schleswig-Holsteins neuem Kabinett: Kristin Alheit (SPD) hatte als Gesundheitsministerin niemand auf dem Zettel. Die Juristin geht selbstbewusst an den Start.

An der Startlinie hatte sie kaum jemand erwartet. Auch weil sie bislang nur als Patientin Berührung mit dem Gesundheitswesen hatte.

Und jetzt plötzlich Gesundheitsministerin - das muss nach ihrer Meinung nicht hinderlich sein. "Das hat auch Vorteile. Ich habe die Sicht derjenigen, die das System brauchen", sagt sie im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung".

Damit geht die SPD-Ministerin ganz offensiv mit einem Startnachteil um, den sie gegenüber ihrem Vorgänger Dr. Heiner Garg (FDP) aufweist - der galt schon vor Amtsantritt als ausgewiesener Fachmann.

Das System will sie kennen lernen, indem sie viele Gespräche mit ihren Fachabteilungen und Interessenvertretern führt, aber auch, indem sie sich persönlich ein Bild macht. Auch Besuche in Landarztpraxen kann sie sich vorstellen.

Koalitionsvertrag in Schleswig-Holstein

Die Ampelkoalition will regionale Konferenzen zur Gesundheits- und Pflegeversorgung und eine landesweite Konferenz zu diesen Themen veranstalten. Die Bürger vor Ort und "alle relevante Akteure im Gesundheitswesen" sollen beteiligt werden. Um die Versorgung zu sichern, soll die Kooperation von KV und Krankenhausgesellschaft vorangetrieben werden. Die Krankenhausplanung soll eng mit den Kreisen abgestimmt werden, wobei die Zusammenarbeit mit Hamburg und Dänemark ausgebaut werden soll. Kommunale und frei-gemeinnützige Krankenhäuser sollen gestärkt werden.

Weitere Ziele sind eine gesundheitsfördernde Gestaltung der Lebens- und Arbeitswelt, ein Bundespräventionsgesetz, eine stärkere Gesundheitsförderung für Kinder und eine Neubelebung der Gesundheitsinitiative Schleswig-Holstein. Für die Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung soll es in Kiel und Lübeck "weiter eine gute medizinische Hochschulausbildung geben". Die Stärkung des Fachs Allgemeinmedizin soll durch die dauerhafte Besetzung des Lehrstuhls Allgemeinmedizin gewährleistet werden. Bislang ist nur der Lübecker Lehrstuhl besetzt.

Bislang hat Alheit den Eindruck gewonnen, dass im Gesundheitswesen sehr sachbezogen diskutiert wird und speziell im Norden die Akteure bereit sind, lösungsorientiert zu arbeiten und im Gespräch zu bleiben.

Noch keine Patentrezepte

In dieses Lob schließt sie ausdrücklich auch Garg mit ein und sagt: "Das würde ich gerne so fortführen."

Zweiter Startnachteil: Sie gilt manchen nur als zweite Wahl, weil angeblich einige Kandidaten für den Posten Schleswig-Holsteins neuem Ministerpräsidenten Torsten Albig die kalte Schulter gezeigt haben sollen.

Die frühere Bürgermeisterin von Pinneberg stört das nicht. "Damit kann ich gut leben." Nun stellt sie sich Problemen wie Fachkräftemangel und Versorgungsengpässen.

Patentrezepte zur Lösung hat auch sie nicht. Fest steht für Alheit: "Wir haben kein Erkenntnis-, sondern ein Umsetzungsproblem."

Dass sich vor ihr schon viele andere an diesen Problemen die Zähne ausgebissen haben, hält sie nicht davon ab, es dennoch zu versuchen: "Ich kann ja nicht einfach akzeptieren, dass es keine Lösung gibt."

Kontakt zu Studierenden gesucht

Vielleicht, überlegt die gesundheitspolitische Newcomerin, brauche es für manche Lösungen erst einen bestimmten Zuspitzungsgrad. Der könnte nach ihrer Einschätzung etwa bei der Attraktivität der Gesundheitsberufe bald erreicht sein.

Warum sich viele Medizinstudenten eine Landarzttätigkeit nicht vorstellen können, würde sie gerne von den Studierenden selbst hören. "Die Motivation der Studierenden würde mich sehr interessieren."

Fest steht für sie aber, dass es einem Arzt und einer Ärztin möglich sein muss, neben dem Beruf ein Familienleben führen zu können.

Auch die personelle Situation bei den Pflegeberufen treibt sie um. Dass das Land zusätzliche Ausbildungsplätze in der Pflege finanziert, hält sie für ein erstes gutes Signal.

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