Patienten sollten Zwänge der Ärzte kennen
KÖLN (iss). Die Spielregeln im Gesundheitswesen müssen transparenter werden, damit die Arzt-Patienten-Beziehung nicht geschädigt wird, fordert Professor Manfred Weber, Vorstand der Rheinisch-Westfälischen Gesellschaft für Innere Medizin - der nach eigenen Angaben zweitältesten medizinischen Gesellschaft in Deutschland.
Veröffentlicht:Die Diskussion über die Höhe und die Verwendung der Mittel, die für das Gesundheitswesen zur Verfügung stehen, müsse viel breiter geführt werden als bisher. "Die Patienten wissen nicht, unter welchen Zwängen wir arbeiten", sagte Weber anlässlich der Tagung "Medizin zwischen Humanität und Wettbewerb" der Gesellschaft in Köln.
So könnten sich viele nicht vorstellen, unter welchem ökonomischen Druck Ärzte in Krankenhäusern stehen, sagte der Chefarzt der Medizinischen Klinik I Köln-Merheim. Seit der Umstellung auf diagnose-bezogene Fallpauschalen im Jahr 2003 seien die durchschnittlichen Fallpauschalen in seinem Haus von 3361 auf 2707 Euro gefallen. Davon flössen nur 400 Euro in die eigentliche Behandlung.
Muss sich der Arzt für eine bestimmte Therapieoption entscheiden, schwingt immer auch die Kostenfrage mit. Weber nannte das Beispiel eines Patienten mit einem inoperablen Ösophaguskarzinom. Die Kosten beliefen sich - grob vereinfacht - für eine Magensonde auf sechs Euro, rund 60 Euro für eine PEG-Sonde und 600 Euro für die Einbringung eines Stents in die Speiseröhre - für den Patienten die angenehmste und humanste Alternative. "Ich bekomme alle vier Wochen genaue Statistiken über die durchschnittliche Verweildauer, über den Umsatz pro Arzt und die Ausgaben pro Arzt und darüber, wie viel und was verordnet wurde", berichtet Weber. "Im Prinzip wird jedem klar, dass wir über die Budgetierung eine intransparente Rationierung haben."
In den Kliniken herrsche heute ein rigides Kosten- und Kontrollbewusstsein, bestätigt Professor Thomas Frieling, Schriftführer der Gesellschaft und Chefarzt der Klinik II am Helios Klinikum Krefeld. Zwar könne das an manchen Stellen durchaus zu einem effizienteren Ressourceneinsatz führen. "Wir müssen aber aufpassen, dass die Menschlichkeit nicht verloren geht", sagt Frieling.
Deshalb sei es wichtig, dass sich die Ärzte in die politische Debatte über das Gesundheitswesen einmischen und ihre Grundwerte vermitteln. "Wir müssen zeigen, dass der Patient kein Kunde ist, sondern ein Mensch, der unsicher ist und eine Vertrauensperson sucht", betont er.