Rezepte werden zur Korruptionsfalle

Die Freiberuflichkeit der Ärzte steht auf dem Spiel, warnen Experten. Der Grund: Der Bundesgerichtshof entscheidet bald, ob Ärzte Erfüllungsgehilfen der Kassen sind. Ein negatives Urteil will die Politik nicht hinnehmen.

Veröffentlicht:
Gelten Ärzte als Amtsträger, können sie wegen Bestechlichkeit belangt werden.

Gelten Ärzte als Amtsträger, können sie wegen Bestechlichkeit belangt werden.

© Gina Sanders / fotolia.com

MÜNSTER (iss/jvb). Die anstehende Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Frage, ob niedergelassene Ärzte juristisch als Amtsträger oder Beauftragte der Kassen gelten, könnte die Politik auf den Plan rufen.

"Wenn die Entscheidung so ausfällt, wie es erwartet wird, werden wir eine politische Debatte über die Freiberuflichkeit führen müssen", sagte der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion Jens Spahn bei den "1. Münsterischen Gesprächen zum Gesundheitsrecht". "Ich möchte keine unmittelbar oder mittelbar staatsangestellten Ärzte", betonte Spahn.

Hintergund ist, dass am Freitag der BGH über die Frage berät, ob niedergelassene Ärzte juristisch als Amtsträger einzustufen sind. Nach eigenen Angaben wird der BGH aber noch keine Entscheidung treffen.

Der Beschluss ist wegweisend, weil sich Ärzte der Bestechlichkeit oder Korruption schuldig machen können, wenn sie unerlaubte Zuwendungen annehmen.

Rückwirkend würden offene Fälle neu betrachtet

"Wir haben Schlimmes für die Ärzteschaft zu befürchten", sagte Rechtsanwalt Michael Frehse, Vorsitzender des Forums Medizinrecht Münster.

Sollte der BGH – wie erwartet – die Ärzte zumindest als von den Kassen Beauftragte einstufen, werden die Staatsanwaltschaften alle offenen Fälle rückwirkend in dem neuen Licht betrachten, sagte Frehse.

Spahn sieht die Politik in der Pflicht. "Wir werden das rechtlich so klar stellen, dass ein solches Urteil künftig anders aussehen müsste."

Nach Einschätzung von Jörg Maleck von der Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftskriminalität und Korruption in Bochum werden die Tatbestände der Korruption und Bestechlichkeit bei niedergelassenen Ärzten vor allem im Bereich der Verordnungen zum Tragen kommen.

"Man wird verschiedene Fallgruppen konkretisieren müssen", erwartet er.

Lesen Sie dazu auch den Hintergrund: Wenn Kooperation zur Korruption wird

Mehr zum Thema
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Kasuistik einer kutanen Infektion

Legionellen-Attacke aus dem Rosengarten

Gastbeitrag

Die Demokratie ist in Gefahr: Empört Euch, Kollegen!

Lesetipps
Ein kämpferischer Hausärztechef Dr. Markus Beier bei der KBV-Vertreterversammlung.

© Rolf Schulten

KBV-Vertreterversammlung

Markus Beier: „Die Krankenkassen fahren einen Angriff auf uns“