Schweinegrippe: Barmer-Chef kritisiert Berichterstattung
BERLIN (ble). Der Chef der Barmer Ersatzkasse, Johannes Vöcking, hat die Medien für ihre Berichterstattung über die Schweinegrippe scharf angegriffen.
Veröffentlicht:Diese verführen nach dem Motto, dass sich nur schlechte Nachrichten verkauften, beklagte sich der Kassenmanager auf dem 2. Nationalen Innovationsforum Medizin am Donnerstag in Berlin. Offenbar müssten "Tote her", um Zeilen zu machen. Welche Medien er genau meinte, sagte Vöcking indes nicht.
Kritik äußerte er zudem an der Skepsis vieler Beschäftigter im Gesundheitswesen. "Wenn schon die Mediziner kritisch sind, ja, was soll dann der Patient denken?" Der Kassenchef sprach sich darüber hinaus dafür aus, dem Thema Hygiene im Schulunterricht allgemein mehr Aufmerksamkeit zu schenken.
Die ehemalige Vorsitzende des Gesundheitsausschusses des Deutschen Bundestags, Martina Bunge (Linke), äußerte Verständnis "für eine latente Unsicherheit in der Bevölkerung" bei der Frage, sich impfen zu lassen oder auf den Schutz zu verzichten. Als Grund nannte die Politikerin, dass sich die Krankenversorgung in Deutschland derzeit in einem Spannungsfeld zwischen Kommerzialisierung und Beibehalt der Solidarität befinde.
Ihrer Ansicht nach verblassen hinter der aktuellen Debatte um die Pathogenität von H1N1 derweil Probleme von größerer Tragweite. So stürben täglich bis zu 100 Menschen in Deutschland an nosokomial erworbenen Infektionen. "Das ist ein Skandal." Erfolge bei der Bekämpfung seien indes nicht zu beobachten, sodass beispielsweise die Niederlande inzwischen den Patiententourimus nach Deutschland unterbänden.
Der CDU-Politiker Rolf Koschorrek übte indirekt Kritik an seinem Parteifreund und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble für dessen Aussage, sich nicht gegen die Schweinegrippe impfen lassen zu wollen. Auch für künftige Impfkampagnen sei es nicht hilfreich, wenn sich Mediziner oder Politiker so über die Schweinegrippe-Impfung äußerten, sagte der Zahnmediziner. Notwendig sei gemeinsames Handeln, um die Bereitschaft der Bürger für Impfungen deutlich zu erhöhen.