INTERVIEW

"Unsere Nöte werden nicht ernst genommen"

Der 54-jährige Hausarzt-Internist Jürgen David ist seit 1992 in einer Gemeinschaftspraxis mit zwei Kollegen in Berlin-Neukölln niedergelassen. Mit ihm sprach Angela Mißlbeck über die ambulante Versorgung in dem Berliner Problembezirk.

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Ärzte Zeitung: Herr David, wie stellt sich für Sie als Hausarzt die Versorgungssituation dar?

David: Wir Hausärzte merken, dass die Fachärzte knapp werden, und wir selbst sind auch am Anschlag. Bei Fachärzten haben unsere Patienten Wartezeiten von häufig über einem halben Jahr. Schneller geht es nur, wenn ich persönlich dort anrufe und um einen früheren Termin bettle. Also schicken wir die Patienten weiter in andere Bezirke. Aber gerade die Schwerstkranken sind nicht in der Lage, diese Wege auf sich zu nehmen. Viele Untersuchungen machen wir in der Praxis selbst, obwohl das Budget dies nicht hergibt.

Ärzte Zeitung: Die KV sagt, Berlin ist insgesamt bestens versorgt. Was sagen Sie dazu?

David: Ärzte in Neukölln haben die KV immer wieder auf die Probleme hingewiesen. Wir fühlen uns vom KV-Vorstand verschaukelt. Die Sorgen und Nöte der Ärzte und Patienten werden nicht ernst genommen.

Ärzte Zeitung: Was müsste aus Ihrer Sicht passieren, damit die Situation sich ändert?

David: Eine Patentlösung habe ich nicht. Allerdings habe ich mich immer gefragt, warum die Bedarfsplanung und damit auch die Umzugsregelung geändert worden ist. Damit Ärzte trotz dieser Freiheiten hier bleiben, müssten wahrscheinlich die Budgets neu bemessen werden. Vielleicht bringt die Honorarreform Verbesserungen. Es wäre schon ein Anfang, wenn Hausbesuche und Pflegeheime außerhalb des Budgets vergütet würden.

Lesen Sie dazu auch: Im Berliner Kiez drohen Ärzte-freie Zonen

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