Hintergrund

"agnes zwei" wird zum Multitalent

Als Fallmanagerin soll "agnes zwei" Ärzten in Brandenburg den Rücken frei halten. Das Besondere: Sie kann überall eingesetzt werden, wo sie gebraucht wird, egal ob beim Hausarzt, beim Facharzt oder im Medizinischen Versorgungszentrum.

Angela MisslbeckVon Angela Misslbeck Veröffentlicht:
"agnes zwei" - Mitarbeiter arbeiten interdisziplinär und können nicht nur Hausärzte sondern auch Fachärzte entlasten.

"agnes zwei" - Mitarbeiter arbeiten interdisziplinär und können nicht nur Hausärzte sondern auch Fachärzte entlasten.

© Klaus Rose

Arztentlastende Strukturen werden mit Blick auf den wachsenden Landarztmangel immer häufiger diskutiert. Inzwischen gibt es zahlreiche Modelle mit diversen Namen wie Verah, Mopra oder eben Agnes.

Das Modellprojekt Agnes eins in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern hat den Ausschlag dafür gegeben, dass Ärzte in unterversorgten Regionen nun innerhalb der Regelversorgung Zuschläge für den Einsatz einer solchen Helferin oder Schwester mit Zusatzausbildung abrechnen können.

"agnes zwei" kommt landesweit zum Einsatz

"agnes zwei" soll nun die Geburtsfehler ausgleichen, die ihrer Vorgängerin anhafteten. Sie kann nicht nur in unterversorgten Regionen eingesetzt werden, sondern überall im Land Brandenburg.

Sie ist nicht auf Hausärzte beschränkt, sondern wird auch in Facharztpraxen und Medizinischen Versorgungszentren aktiv. Einige "agnes zwei" in Brandenburg arbeiten interdisziplinär. So ist eine in einem Ärztehaus angestellt und eine weitere für das Ärztenetz Südbrandenburg (ANSB) tätig.

Der dritte entscheidende Unterschied zu ihrer Vorgängerin liegt in der Bezahlung: Für den Einsatz einer "agnes zwei" zahlen die beteiligten Krankenkassen Barmer und AOK Nordost pro Patient und Monat 40 Euro. In der Regelversorgung.

Bedarf an Heil- und Hilfsmitteln im Blick

Die Krankenschwester Andrea Granat ist bei einer Allgemeinmedizinerin in Bad Belzig angestellt und hat die Ausbildung zur "agnes zwei" absolviert.

Sie betreut rund 60 Hausbesuchspatienten, die regelmäßige Besuche brauchen. "Die Patienten empfinden das als angenehm und meine Chefin empfindet das als Entlastung", sagt sie.

Neben Blutdruck- und Medikamentenkontrollen übernimmt Andrea auch das Versorgungsmanagement für Patienten nach einer Krankenhausbehandlung, kontrolliert den Zustand des Patienten und kümmert sich zum Beispiel um Pflege- und Hilfsmittelbedarf.

Nur positive Erfahrungen in der Probephase

"Die brandenburgischen Vertragsärzte versorgen überdurchschnittlich viele chronisch Kranke und multimorbide, also sehr betreuungsintensive Patienten.

"agnes zwei"

Die Fallmanagerin "agnes zwei" ist das Produkt der Arbeitsgemeinschaft IGIB (Innovative Gesundheitsversorgung in Brandenburg), zu der sich Kassenärztliche Vereinigung und AOK in Brandenburg 2009 zusammengeschlossen haben.

Seit 2010 ist auch die Barmer GEK Mitglied der Arbeitsgemeinschaft. Agnes zwei ist eines von vielen Modellen im Rahmen des KV-RegioMed-Konzeptes zur Sicherung der Versorgung in ländlichen Regionen, das die IGIB entwickelt hat.

"Zentrales Element ist der unmittelbare Arztbezug", so der Chef der KV Brandenburg Dr. Hans-Joachim Helming. 30 agnes-zwei-Kräfte haben ihre Fortbildung bei der KVBB bereits abgeschlossen. 30 weitere starten demnächst.

Mit der "agnes zwei" haben wir eine Struktur entwickelt, die den Arzt unterstützt und zugleich dem Patienten bei der Koordinierung von Terminen bei anderen Ärzten, beim Ausfüllen von Formularen oder dem Stellen von Anträgen behilflich ist", so der Chef der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg (KVBB) Dr. Hans-Joachim Helming.

In der einjährigen Modellphase des Projektes mit Einsätzen in unterschiedlichen Strukturen haben die Projektpartner nach seinen Angaben "durchweg positive Erfahrungen sammeln können". Die märkische Gesundheitsministerin Anita Tack kommt zu dem Fazit: "Die Fallmanagerin "agnes zwei" hat ihre Probezeit erfolgreich bestanden."

Nun komme es auf die landesweite Umsetzung an. Projektpartner Frank Michalak, seines Zeichens Vorstandschef der AOK Nordost, geht davon aus, dass Ende 2013 bereits mehr als 100 agnes-zwei-Kräfte in Brandenburg im Einsatz sein werden.

Auch für die Kassen und ihre Versicherten hat das Projekt Vorteile. "Neben der Arztentlastung ist ein Ziel, die Versorgung zu optimieren", sagte Michalak. Er schilderte das Beispiel einer 75-jährigen, multimorbiden Patientin.

Sie sei 2010 sieben mal stationär behandelt worden. Der längste Krankenhausaufenthalt habe vier Tage gedauert. Seit die agnes-zwei-Kraft sie betreut, gab es keinen einzigen Krankenhausaufenthalt mehr.

Die Helferin hat die 20 Medikamente der Patientin überprüft und die Patientin und ihren Mann im Umgang mit den Medikamenten geschult, unter anderem in der Anwendung eines Asthma-Inhalationssprays.

Weitere Krankenkassen sollen sich beteiligen

Neben der AOK ist auch die BarmerGEK im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft IGIB (Innovative Gesundheitsversorgung in Brandenburg) an der Umsetzung der "agnes zwei" beteiligt.

Der Landeschef der bundesweiten Krankenkasse Hermann Schmitt verwies auf das Potenzial des Modells: "Wir beobachten dieses Modell hier im Brandenburger Flächenland und sind zuversichtlich, diese Erfahrungen bundesweit vermitteln zu können."

Vor einem bundesweiten Roll-Out wünschen sich alle Beteiligten aber, dass das Projekt in Brandenburg von allen Krankenkassen gemeinsam getragen wird. Bislang steht es nur den Versicherten von AOK und Barmer GEK zur Verfügung.

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