Geschäftsmodell MVZ ist in der Erprobung

Bei MVZ ist das Insolvenzrisiko derzeit höher als in Freiberuflerpraxen. Ein Grund: weniger Selbstausbeutung.

Hauke GerlofVon Hauke Gerlof Veröffentlicht:

DÜSSELDORF. Bei Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) ist das Misserfolgsrisiko bisher noch erheblich schwerer einzuschätzen als in Einzelpraxen oder Gemeinschaftspraxen. Diese Erfahrung macht gerade die Deutsche Apotheker- und Ärztebank (apoBank), wie Vorstandssprecher Herbert Pfennig Ende der vergangenen Woche bei einer Pressekonferenz berichtet hat.

Denn aus den Jahreszahlen der apoBank geht nicht nur hervor, dass die Risikovorsorge für Finanzinstrumente und Beteiligungen sehr stark gestiegen ist (wir berichteten). Auch die Risikovorsorge Kreditgeschäft hat sich demnach von 36,8 Millionen Euro (2008) auf 95,9 Millionen Euro (2009) erhöht.

Die Ursache sei, so Pfennig, dass bei den MVZ "manche Struktur in erhebliche Schwierigkeiten geraten" sei, sowohl bei der Liquidität als auch bei der Rentabilität. Es gibt offenbar auch einige Sanierungsfälle. Das habe sehr viel damit zu tun, dass es bei der noch relativ jungen Niederlassungsform MVZ noch nicht so viele Erfahrungswerte gebe wie in Praxen von freiberuflich tätigen Ärzten. Offenbar haben die Investoren teilweise in den Businessplänen für die Einrichtungen die Verhältnisse falsch eingeschätzt.

Ein Fehler sei es gewesen, dass die Umsätze pro angestelltem Arzt in einem MVZ teilweise so hoch angesetzt worden seien wie in einer Praxis. Aber: "Eine Selbstausbeutung des Arztes findet in MVZ nicht in der Form wie in der Praxis statt", stellte Pfennig fest.

Das zweite Problem sei, dass die Anlaufzeit für ein großes MVZ erheblich länger anzusetzen ist als in einer neuen freiberuflich organisierten Praxis. Pfennig: "Es dauert länger als erwartet, bis die Sollauslastung erreicht ist." Wenn erst neue Patienten gewonnen werden müssen, dann müsse man aus heutiger Sicht mit drei Jahren Anlaufzeit rechnen.

Die Bank stelle sich jetzt auf die Umstände ein. Größere Untersuchungen mit belastbaren Ergebnissen gebe es aber noch nicht. Es gebe natürlich auch viele Einrichtungen, "die einwandfrei laufen". Vor allem MVZ, die eher so organisiert seien wie große Gemeinschaftspraxen, seien meist erfolgreich.

Die apoBank sieht nach den Äußerungen Pfennigs nicht zuletzt aus diesem Grund die Pläne der Koalition, dass in Zukunft der Kapitalanteil in Versorgungszentren mindestens zu 50 Prozent in ärztlicher Hand liegen soll, als "gute Idee" an. Gerade dieser Passus im Koalitionsvertrag ist allerdings sehr umstritten.

Für Ärzte, führte Pfennig weiter aus, sei eine Beteiligung an einem neuen MVZ potenziell eine attraktive Sache. "Einen Kapitalanteil an einem MVZ zu verkaufen ist leichter, als eine ganze Praxis zu verkaufen." Das bringe letztlich auch Vorteile für die Altersversorgung. Der Grund: Gerade bei neu gegründeten Zentren, die als GmbH geführt werden, gewinnen die Anteile, wenn es gut läuft, erheblich an Wert.

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