Deutscher Ärztetag

Ethische Aspekte sprechen für die Digitalisierung

Digitalisierung kann die Qualität der medizinischen Versorgung und der Forschung verbessern.

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FREIBURG. Es war ein konditioniertes Plädoyer für die Digitalisierung der Medizin, das die Kölner Medizinethikerin Professor Christiane Woopen vor den Delegierten des Deutschen Ärztetages am Mittwoch gehalten hat.

Neue Instrumente der Informationstechnologie seien geeignet, die Selbstbestimmung von Patienten zu fördern. Voraussetzung dafür seien allerdings Kompetenz im Umfang mit neuen Techniken und ein Verständnis der dahinter stehenden Algorithmen, die in der Ausbildung und durch ständige Fortbildung im Beruf vermittelt werden müssten.

Die Kenntnis eigener Gesundheitsdaten stärke die informationelle Selbstbestimmung und auch das Arzt-Patienten-Verhältnis. Damit könne die Therapie-Adhärenz verbessert werden. Nachteilig in Deutschland sei, dass Digitallösungen nur als Inselprojekte existierten, erklärte Woopen.

Flankiert werden müsse die Nutzung digitaler Techniken durch ein Wertesystem, das sich ableite aus Gesundheitskompetenz und Risikobewusstsein. Beides sei in Deutschland unterentwickelt, bemängelte Woopen. Bei etwa 50 Prozent der Bevölkerung sei die Gesundheitskompetenz unzureichend ausgebildet. Als ein wesentliches Risiko nannte sie die Bereitschaft, Gesundheitsdaten entweder aus Bequemlichkeit zu offenbaren oder dies wegen mangelnder Zahlungsbereitschaft zu tun. Hier komme Ärzten steuernde und beratende Funktion für ihre Patienten zu.

Allerdings sei die Haltung der Ärzteschaft gegenüber dem Modell des informierten und an Entscheidungen partizipierenden Patienten immer noch ambivalent, kritisierte Woopen. Knapp die Hälfte der Ärzte seien immer noch der Meinung, informierte Patienten verursachten unangemessene Ansprüche. Jedoch: Die latent paternalistische Grundhaltung der Ärzte wandelt sich allmählich zugunsten eines partnerschaftlichen Verhältnisses zu ihren Patienten.

Innerhalb der Medizin unterstütze die Digitalisierung die Multiprofessionalität und Interdisziplinarität der Versorgung. Mit systematischer Datensammlung könnten, etwa im Rahmen der Versorgungsforschung, Lerneffekte generiert werden; das fördere eine evidenzbasierte Medizin, beispielsweise auch durch Patient-reported Outcomes.

Gesundheitsdaten müssten deshalb auch als öffentliches Gut verstanden werden, zu denen jedermann Zugang haben müsse. Daraus könne auch das Postulat abgeleitet werden, dass Patienten zumindest in Sozialversicherungssystemen eine Pflicht zur Weitergabe von Gesundheitsdaten in anonymisierter Form haben. Den Datenschutz sieht Woopen nicht als ein grundlegendes Problem: Dies sei mit Technik und scharfer Sanktionierung zu gewährleisten. (HL)

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