Impfstoff aus Krebszellen soll Immunantwort ankurbeln

HEIDELBERG (bd). Ob und wie die körpereigene Immunantwort bei Frauen mit Brustkrebs durch eine Impfung angekurbelt werden kann, wird derzeit in zwei klinischen Pilotstudien überprüft. Wie die Biologin Dr. Brigitte Gückel aus Tübingen jetzt bei einer Tagung an der Heidelberger Universitäts-Frauenklinik berichtet hat, soll in der ersten Studie mit einer genetisch veränderten allogenen Brustkrebszell-Linie als Impfstoff eine Immunantwort ausgelöst werden.

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Der Impfstoff besteht aus der im Labor gezüchteten Brustkrebszell-Linie KS24.22. Sie trägt die Antigene CEA, p53, MAGE-1, MUC-1, SSX-2, Ny-ESO-1 oder Her2/neu. Um tumorreaktive T-Zellen zu aktivieren, wird das ko-stimulierende CD80 Molekül mit einer Genfähre in die Tumorzelle geschleußt. Nach Injektion der vorher bestrahlten inaktivierten Zellen, die den CD80-Rezeptor tragen, soll die Abwehrreaktion des Immunsystems auch gegen den eigenen Tumor stimuliert werden.

In die Phase-I/II-Studie eingeschlossen werden Frauen mit Mamma-Ca mit viszeralen und/oder ossären Metastasen. Voraussetzung für den Einschluß ist eine partielle Übereinstimmung der HLA- Antigene - der Gewebeverträglichkeitsantigene - und ein Ansprechen des Immunsystems auf die Vakzine. Dies wird zuvor in vitro getestet. Nach Angaben Gückels sind inzwischen zehn von 15 Patientinnen mit stabiler Erkrankung geimpft worden. Sie alle hatten eine Chemotherapie beendet. Insgesamt erhalten sie acht Impfungen - vier im Zwei-Wochenabstand und vier in vierwöchigem Abstand.

Von den zehn bisher behandelten Patientinnen erhielten sechs alle geplanten acht Impfungen. Die Impfungen wurden nach Angaben von Gückel gut vertragen. Es wurden Hautrötungen, Fieber und Knochenschmerzen beobachtet. Bei vier Frauen wurde die Therapie jedoch aufgrund eines Fortschreitens der Erkrankung abgebrochen.

Funktionelle und phänotypische Analysen der T-Zellen sollen zeigen, ob die Zellen nach der Aktivierung durch die Vakzine überhaupt die Antigene erkennen können. Die bisherigen Untersuchungen sprechen dafür. Ob die Immunantwort und der klinische Verlauf korrelieren, kann nach Angaben der Studienkoordinatorin erst nach Studienabschluß - also frühestens in einem Jahr - beantwortet werden.

In einer zweiten kürzlich begonnenen Phase-I/II-Studie an den Uni-Frauenkliniken in Tübingen und Heidelberg erhalten Frauen mit Brustkrebs und Knochenmetastasen in Ergänzung zur oder im Anschluß an die Standardtherapie (Antihormone und/oder Bisphosphonate) acht Mal einen Impfcocktail aus körpereigenen dendritischen Zellen, die vor der Impfung mit brustkrebsassoziierten Antigenen - das sind spezielle Peptide - beladen wurden.

Neben der Überprüfung der Verträglichkeit und der optimalen Dosisfindung wird die entscheidende Frage sein, ob diese - als natürliche Adjuvantien bezeichneten - Zellen nach der Beladung mit Tumorantigenen tatsächlich die Krankheit in Schach halten können, wie dies etwa bei Nierenkrebs schon nachgewiesen wurde.

Objektiviert werden sollen die Immunantworten mit sensitiven Tests der Zell- und Molekular-Immunologie. 30 Patientinnen mit Metastasen mit niedrigem Risiko sollen in die Studie aufgenommen werden. Die Studie wird frühestens in zwei Jahren abgeschlossen. Sie wird von der Deutschen Krebshilfe gefördert.

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