Brustzentren legen Erfolgsbilanz vor

Etwa 90 Prozent aller Frauen, die an Brustkrebs erkranken, werden inzwischen in zertifizierten Brustzentren behandelt. Die Therapie hat sich dadurch verbessert - doch es gibt auch Kritik. Selbsthilfegruppen bemängeln, dass Patientinnen oft zu früh entlassen werden.

Von Sunna Gieseke Veröffentlicht:
Die hohe Spezialisierung der Ärzte in Brustzentren führt zu einer besseren Behandlung der Patientinnen.

Die hohe Spezialisierung der Ärzte in Brustzentren führt zu einer besseren Behandlung der Patientinnen.

© Bähren / fotolia.com

BERLIN. Etwa 90 Prozent aller Frauen, die an Brustkrebs erkranken, werden inzwischen in zertifizierten Brustzentren behandelt.

In Deutschland gibt es 205 solcher Zentren an 262 Standorten - das entspricht fast einer flächendeckenden Versorgung.

Spätestens in zehn Jahren sollten alle Brustkrebspatientinnen in zertifizierten onkologischen Zentren behandelt werden. Das forderte der Präsident der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG), Professor Werner Hohenberger.

Leitliniengerechte und standardisierte Tumortherapie in Brustzentren

In zertifizierten Zentren erhielten Patienten eine leitliniengerechte, standardisierte Tumortherapie, betonte Professor Rolf Kreienberg, Vorsitzender der Zertifizierungskommission Brustkrebszentren.

Ein Beispiel: Bei drei von vier Patientinnen mit positivem Lymphknotenbefall wurde in den zertifizierten Zentren eine Chemotherapie eingesetzt. Die Leitlinien geben mindestens 60 Prozent vor. Dieser Sollwert wird mit 86,5 Prozent der Brustzentren mehr als erfüllt, so Kreienberg.

Inzwischen erhielten 90 Prozent der Patientinnen ihre Primärtherapie in einem zertifizierten Brustzentrum. Doch die letzten zehn Prozent zu erreichen, sei schwierig, so Kreienberg: "Wir können niemanden zwingen, sich in einem Brustzentrum behandeln zu lassen."

Nur mehr Aufklärung könne helfen, Patientinnen, aber auch die niedergelassenen Ärzte entsprechend von der Qualität zu überzeugen.

50.000 Brustkrebspatientinnen befragt

Aus Sicht der Experten ist die Behandlung in Zentren der richtige Weg: Schließlich erhalten die Brustkrebspatientinnen in den von der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) und der Deutschen Gesellschaft für Senologie (DGS) zertifizierten Zentren eine qualitativ hochwertige Versorgung.

Das geht aus dem aktuellen Benchmarking-Bericht der beiden Gesellschaften hervor, der am Freitag in Berlin vorgestellt wurde.

Befragt wurden 50.000 Brustkrebspatientinnen an 246 Standorten in ganz Deutschland. Nach Angaben der Gesellschaften ist dies eine der größten Untersuchungen.

Abgefragt wurden die leitliniengetreue Therapie sowie die interdisziplinäre Zusammenarbeit und die fachliche Expertise. Ein Maßstab hier: Die Zahl der Wundinfektionen.

Frauen in Brustzentren gut aufgehoben

Die Ergebnisse der Studie spiegeln die hohe Qualität der Brustzentren wider, betont Professor Rolf Kreienberg, Vorsitzender der Zertifizierungskommission Brustkrebszentren.

So liegt die Sollvorgabe bei Wundinfektionen in den Leitlinien bei unter fünf Prozent. Die Brustzentren blieben jedoch mit einem mittleren Wert von 1,7 Prozent deutlich darunter, so Kreienberg.

Anhand der Leitlinien seien zudem "Ausreißer nach oben" schnell ausfindig zu machen. Diese Zentren würden aufgefordert, ihre Ergebnisse innerhalb einer Frist von drei Monaten bis zu einem Jahr - je nach Schwere des Fehlers - zu verbessern. Dadurch sei es "ein lernendes System", so Kreienberg.

Bei gravierenden Mängeln könne das Zentrum auch das Qualitätssiegel verlieren. Die Frauen scheinen sich in den Brustzentren jedenfalls gut aufgehoben zu fühlen: 95 Prozent der Betroffenen hatten das Gefühl, sich auf ihren Arzt verlassen zu können. Das ergab eine von der DKG in Auftrag gegebene Befragung mit mehr als 7000 Teilnehmerinnen.

Zu frühe Entlassung kritisiert

Doch nicht alle Ergebnisse sehen so rosig aus: "Es gibt zum Beispiel deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Zentren", sagt Professor Holger Pfaff vom Institut für Medizinsoziologie der Universität Köln.

Vor allem bei der Entlassung und der weiteren Behandlung beim niedergelassen Arzt gebe es bei einigen Zentren noch Verbesserungspotenzial.

Die stellvertretende Bundesvorsitzende der "Frauenselbsthilfe nach Krebs", Karin Meißler, kritisiert, dass immer noch viele Frauen am ersten Tag nach einer brusterhaltenden Operation entlassen würden: "Und zwar aus ökonomischen Gründen." Da sei das "Maß des Guten bei Weitem überschritten", so Meißler.

Durch eine so frühe Entlassung kämen die Patientinnen kaum dazu, Fragen zu stellen, auch fehle die Zeit für eine psychosoziale Betreuung.

In Deutschland erkranken pro Jahr etwa 57.000 Frauen an Brustkrebs, 18.000 sterben dran. Das Mammakarzinom ist die häufigste Krebserkrankung bei Frauen in Deutschland.

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